Am 20.6., ca. 20 Minuten nach sechs wütete über dem Gelände des Eidg. Turnfestes ein Sturm, welcher Zelte aus der Verankerung riss und wie Papierschnipsel durch die flüchtenden Besucher jagte. Knapp 40 Verletze und hoher Sachschaden waren die Folge. Es war schon der zweite Sturm innert Wochenfrist. Wie kam es zu dem Sturm? War der Sturm überhaupt vorhersehbar? Wir meinen ja, anbei eine Betrachtung aus der Sicht des Wetterradars.
Die Wetterlage war eindeutig. Allenthalben wurden heftige Gewitter erwartet, die Wetterdienste überboten sich gegenseitig mit der Ausgabe von Gewitter-, Hagel- und Sturmwarnungen. Der Bieler Sturm wurde von einem lokalen Gewitter ausgelöst, welches im Jura aus SW ganz knapp am Neuenburger- und Bielersee vorbeischrammte. Dieses Gewitter begann seine Laufzeit weit südlich des Genfersees, um etwa 13:20 Uhr in der Nähe von Grenoble. Mit 60 km pro Stunde nahm das Gewitter seine Zubahn Richtung Norden, später Nordosten, in Angriff. Das westliche Genferseebecken wurde getroffen, und weiter ging die Reise durch den Jura bis in die Region von Basel, wo die Gewitterzelle um 20 Uhr ihre kompakte Eigenständigkeit verlor. Die Zugbahn des Gewitters ist im ersten Bild des angefügten Radarloops eingezeichnet. Nach 10 Sekunden startet der Bildloop, und man kann leicht erkennen, wie sich die Form und Stärke der Zelle auf ihrer Zugbahn laufend veränderte. Der Loop wird nur sichtbar nach Mausklick auf das kleinere Vorschaubild.
Die grösste Stärke erreichte die Zelle erst gegen Ende ihrer Lebensdauer. Kurz vor 18 Uhr befand sich der Mocken etwa auf der Höhe von Neuchàtel, siehe das Radarbild am Schluss dieses Artikels. Auf breiter Front – etwa 40 km – rauschte das Gewitter heran. Der Hagelkanal (rote Farbe) war zu diesem Zeitpunkt etwa 12 km hoch – in unseren Breiten eine selten erreichte Höhe. In der Folge schwächte sich das Gewitter leicht ab, auch die Höhe des Hagelkanals wurde geringer. Es ist anzunehmen, dass auch der Aufwind zu diesem Zeitpunkt schwächer wurde. Als Folge davon dürfte sich geballe Ladung von Wasser und Eis in der Wolke entleeren. Luft wird mitgerissen und am Boden umgelenkt. Sturmböen am Boden sind unvermeidbar. Wenn eine Gewitterfront auf einer Breite von 40 km daherkommt, dann dürften viele im Bereich dieser Front die gewaltigen Stumwinde zu spüren bekommen.
Deutlicher kann sich ein gefährliches Gewitter kaum ankündigen. Die Besucher der Veranstaltung wurden anscheinend von den Sturmböen völlig überrascht. 15 Minuten zuvor wäre eine rechtzeitige Evakuierung des Geländes möglich gewesen. Die Vorzeichen des Sturms waren überdeutlich, wenn nicht schreiend. Wir beschliessen diesen Blog mit der Wiedergabe unserer Warntexte, welche heute gegen Abend auf der Homepage www.meteoradar.ch erschienen sind.
– 16:03 Uhr: Aus Westen allmählich starke Gewitter, örtlich mit Hagel, Sturm und Sturzfluten.
– 17:18 Uhr: Zur Zeit sehr gefährlicher Gewittersturm im Jura, Höhe Neuenburgersee. Zugrichtung NE.
– 18:20 Uhr: Zur Zeit sehr gefährlicher Gewittersturm im Jura, Höhe Bielersee. Zugrichtung NE.
Hallo Willi,
herzlichen Dank für deinen fundierten Kommentar, ich habe das Geschehen von zuhause aus auf dem Radar verfolgt. Selbst ich als Laie konnte sehr genau erkennen was da abgehen würde. Das da nicht rechtzeitig reagiert wurde ist mir ganz und gar unverständlich!! Es scheint aber so zu sein dass die Organisation und der Ablauf wichtiger sind als die Menschen….Warum auch immer!!!!
Freundliche Grüsse, Fredwolf