Nachdem die Gewitter vor einer Woche mit ihrer für die Jahreszeit doch ungewöhnlichen Heftigkeit überrascht haben, steht die nächste Lage mit Unwetterpotenzial an. In der seit Tagen vorherrschenden West-Südwestströmung, welche sehr feuchte und milde Subtropenluft quer über den Atlantik transportiert, bildet sich derzeit über den Azoren ein Teiltief aus. Dieses zieht am Montag unter Verstärkung zur Biskaya, womit die Strömung im Alpenraum vorübergehend auf südliche Richtung aufsteilt. Damit gelangt kurzzeitig heisse Saharaluft zu uns, wird aber am Dienstag in der zweiten Tageshälfte von der nachfolgenden Kaltfront rasch nach Osten verdrängt. Die Frage stellt sich nun: Was genau geschieht an dieser Luftmassengrenze?
Klar ist: Die in der Nacht von Montag auf Dienstag über uns lagernde Luftmasse ist für die Jahreszeit ungewöhnlich warm. Die knapp 20 Grad in rund 1500 m Höhe würden bei tageszeitlich günstigem Timing und guter Durchmischung in den Niederungen locker Höchstwerte von 30 Grad und mehr bringen. Hinzu kommt die sehr nasse Vorgeschichte, die Anfeuchtung der Grundschicht verspricht ordentliche Schwüle und ist eine gute Basis für Gewitterbildung. Die Sache hat allerdings mehr als einen Haken. Der erste liegt im Umstand, dass die wärmste Luftmasse am frühen Dienstagmorgen über uns liegt. Bereits am Mittag steht die Kaltfront über dem Jura:
Da der Föhn mit reinspielt, kommt es auch zu trockenen Einschüben auf der Alpennordseite, welche die Gewitterentwicklung vorerst hemmt. Wann genau der Föhn zusammenbricht, ist wie immer bei solchen Lagen schwierig vorherzusagen. Hält er die Kaltfront lange genug auf, bestehen durchaus Chancen für eine kräftigere Entwicklung am Nachmittag. Die derzeitigen Karten sehen allerdings nicht danach aus. Nach aktuellem Stand (Sonntagmorgen) muss man von einem Kaltfrontdurchgang am frühen Nachmittag ausgehen.
Doch selbst bei tageszeitlich günstigerem Timing wäre die Entwicklung kräftiger Gewitter noch lange nicht garantiert. Denn wie so oft bei kurzen und kräftigen Warmlufteinschüben aus Süd spielt der Saharastaub mit:
GFS, welches erfahrungsgemäss mit dem Zusammenspiel von Saharastaub als Kondensationskerne mit feuchter Luft in der Höhe am besten zurechtkommt, rechnet mit ziemlich dichter hoher Bewölkung während des gesamten Dienstags. Häufig wird dieser Cirrenschirm bei solchen Lagen aber von den Modellen unterschätzt. Es dürfte also nicht erstaunen, wenn am Dienstag vor dem Eintreffen der Kaltfront die Sonneneinstrahlung sehr gering ausfällt und somit die Erwärmung der bodennahen Luftschicht den Erwartungen stark hinterherhinkt.
Nimmt man diese Fakten mal als gegeben an und berücksichtigt gleichzeitig, dass die Kaltfront mangels Höhenkaltluft sehr seicht über den Jura schwappt, dann ist ein relativ ruhiger Ablauf mit viel Wind, einigen Schauern und vereinzelten Gewittern in der Schweiz die wahrscheinlichste Option. Je weiter nach Osten, umso mehr steigt das Potenzial auch für kräftige Gewitter. Die Musi spielt wahrscheinlich einmal mehr in Bayern, Salzburg und Oberösterreich, wo sich die warme Luftmasse mit etwas Föhnunterstützung tagsüber voll entfalten kann und die Kaltfront am späten Nachmittag oder am Abend eintrifft.
Die nächste potenzielle Gewitterlage steht in der zweiten Wochenhälfte an, aus derzeitiger Sicht am Freitagabend. Für Details ist es aber auf diese lange Sicht hinaus noch zu früh.