Das Jahr 2015 scheint zu jenen zu gehören, in denen sich der Hochsommer peinlich genau an den Kalender hält. Der Witterungsabschnitt mit den wiederholt heissen Phasen hat exakt zum Monatswechsel Juni/Juli begonnen und endet Mitte August – ein Paradebeispiel für die bekannte Siebenschläfer-Regel, auf deren Bilanz nächste Woche im fotometeo-Blog näher eingegangen werden soll. Eine solche Einleitung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns an diesem Wochenende vom Hochsommer verabschieden müssen und nun definitiv der Spätsommer Einzug hält. Dieser markante Wechsel geht mit einer deutlichen Änderung des bisherigen Grosswetterlagen-Musters einher: Das permanente West- bis Südwestregime der letzten Monate endet und macht erstmals seit Mitte März wieder mal einer Ostwetterlage Platz.
Die grossräumige Umstellung ist anhand der Höhenwindkarten in rund 5500 m gut zu erkennen: Das blockierende Osteuropa-Hoch wird von der atlantischen Westströmung südlich umfahren und zieht sich nach Skandinavien zurück. Die warme Höhenströmung, zunächst aus Süd, später Südost, wird nach Osten abgedrängt, wobei sich eine scharfe Luftmassengrenze entlang einer Tiefdruckrinne von der Nordsee zu den Ostalpen ausbildet:
Der dafür verantwortliche Trog über Westeuropa liegt am Donnerstag mit seinem Tiefdruckkern über der Biskaya und wird im Lauf des Wochenendes von einem weiter nördlich nach Osten vorstossenden Atlantiktrog eingefangen. Dadurch kommt das Tief mit seinem komplizierten Frontensystem kaum noch weiter östlich voran. Am Donnerstagabend überquert uns erst mal eine vorlaufende Konvergenz (in der Ostschweiz Föhn über Bise, im Westen Südwestwind):
Gewitter bilden sich in der trockeneren Föhnluft der Ostschweiz wohl nur vereinzelt. Westlich der für diese Wetterlage typischen Grenze Hohgant-Napf kommt es hingegen verbreiteter zur Auslöse, wobei die Schwerpunkte über den Savoyer und Waadländer Alpen sowie im Hochjura liegen. Ein sich daraus bildender Cluster könnte am Abend in der Westschweiz einen Coldpool bilden, der durchs Mittelland nach Osten ausbricht und mit böigem Wind die untere Luftschichtung stabilisiert. Die Westhälfte der Schweiz muss mit unwetterartigen Entwicklungen rechnen, grösserer Hagel ist ebenso wahrscheinlich wie exzessiver Regen und verbreitete Sturmböen.
In der Nacht auf Freitag und am Freitagmorgen ist es vorübergehend ruhig. Mit dem Übergreifen der Kaltfront auf die Schweiz ist ab den Mittagsstunden aber erneut mit heftigen Gewittern zu rechnen, welche mehrheitlich von Süden nach Norden ziehen, diesmal aber deutlich weiter nach Osten ausgreifen als noch am Donnerstag. Wahrscheinlich bleibt es nur im äussersten Osten unter Föhneinfluss länger trocken, am späteren Abend treffen die Gewitter auch hier ein. Damit einher geht ein deutlicher Temperatursturz: Zeit, dem Hochsommer 2015 good bye zu sagen…
Am Samstag liegt die Schweiz mit Ausnahme der Alpensüdseite bereits vollständig in der Kaltluft, aber noch im Einflussbereich des Trogs. Die in der Karte oben eingezeichneten Okklusionsfronten schwenken über uns hinweg nach Norden und sorgen noch verbreitet für kräftige Regengüsse, vereinzelt kann noch mal Blitz und Donner mit dabei sein. Gegen Abend sollte sich das Wetter von Westen her zumindest im Flachland beruhigen, besonders am Alpennordhang regnet es aber wohl auch noch bis in den Sonntag hinein. Dabei dürfen wir wieder mal die Schneefallgrenze erwähnen: Sie sinkt in den Westalpen, wo die kälteste Luft gerade noch hinreicht, am Sonntagmorgen auf rund 2000 m, in den Südalpen verbleibt sie um oder sogar über 3000 m.
Mit der Drehung des Bodenwindes auf östliche Richtungen drückt die schwül-warme Luft von Osteuropa langsam wieder zurück nach Westen und sorgt so auch in der Schweiz vor allem am Dienstag noch mal für erhöhte Gewittergefahr. Wie sich die Luftmassengrenze in der Folge genau präsentieren wird, ist noch sehr unsicher. Ein Ost-West-Gefälle dürfte aber bestehen bleiben, fragt sich eben nur, ob die Schweiz mehr auf die eine oder andere Seite zu liegen kommt. Jedenfalls bleibt es unbeständig mit erhöhter Anfälligkeit für Schauer und Gewitter im Tagesgang, aber wohl kaum mehr mit heftigen Entwicklungen. Die Temperaturen pendeln sich auf gemässigtem Spätsommerniveau ein, können aber unter längerem Frontalregen nach der langen Hitzeperiode schon als recht herbstlich empfunden werden. Etwas scheint jedoch gesichert zu sein: Das Thema Trockenheit dürfte sich allmählich erledigen.