Nach einer ruhigen, hochdruckbestimmten Woche gerät der Alpenraum nun wieder vermehrt ins Zentrum der europäischen Wetterküche. In den letzten Tagen verlief die Frontalzone recht glatt von West nach Ost weit nördlich der Schweiz und schwache Störungen konnten nur mit viel Mühe ihren letzten Lebenshauch bei uns hinterlassen. Nun beginnt der Jetstream wieder etwas stärker zu mäandrieren und schlägt am Wochenende einen Bogen, um aus Nordwest auf die Alpen zu treffen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine klassische Nordwestlage mit Zufuhr polarer Luftmassen, sondern karibische Luft (per se warm-feucht) wird in einem nördlich verlaufenden Bogen um das sich nach Osten verlagernde Azorenhoch herumgeführt. Sie bestimmt ab Sonntag in Form einer Warmfront unser Wetter, danach gewinnt der Hochdruckeinfluss im Warmsektor die Oberhand. Erst zum Donnerstag nimmt der Winter einen neuen Anlauf, ob er damit den ultimativen Weitsprung schafft, darf aber aus heutiger Sicht noch bezweifelt werden.
Die schwache Kaltfront von letzter Nacht zieht nach Osten ab, auf deren Rückseite trocknet der Hochdruckeinfluss die Luft ab und erwärmt sie gleich wieder. Bis Samstagmittag bleibt es damit ruhig, trocken und mild. Am Samstagabend erreicht uns ein zum Sturmtief über der Nordsee gehöriger Kurzwellentrog mit seiner Kaltfront. Dabei nimmt nicht nur der Höhenwind markant zu, auch in Bodennähe sorgt der sich verschärfende Druckgradient für eine deutliche Verstärkung des Südwestwindes. Mit Eintreffen der Kaltfront am späten Samstagabend können Böen von 60 bis 80 km/h in exponierten Lagen auch ins Flachland durchgreifen, am stärksten betroffen ist die Nordschweiz und der Jura:
In der Nacht schleift die Kaltfront der Alpennordseite entlang, der Bodenwind bleibt auf West bis Südwest, während der Höhenwind allmählich auf Nordwest dreht. Dabei sinkt die Schneefallgrenze im Jura und im Alpstein gegen 1000 m, in den Alpen bleibt sie teils deutlich höher, da die bodennahe Kaltluft nicht in die Alpentäler vordringen kann:
Auf der Karte erkennt man deutlich die Luftmassengrenze, welche die Alpen nicht zu überqueren vermag. Das schleifende Frontensystem verlagert sich rasch nach Osten, womit bereits am Sonntagvormittag der warmaktive Teil der Front auf die Schweiz übergreift. Während es in den Alpentälern der Ostschweiz dank Niederschlagsabkühlung noch länger bis in tiefere Lagen (etwa 800 m, lokal vielleicht vorübergehend auch tiefer) schneit, steigt die Schneefallgrenze von Westen her im Lauf des Sonntags bis auf etwa 2000 m. Dabei regnet es vor allem im Weststau der Alpen und des Juras intensiv, dort steigt auch die Schneefallgrenze am schnellsten und am höchsten. Vom nordwestlichen Höhenwind profitiert erstmals in diesem Winter auch Mittelbünden und das Engadin, der Niederschlag der Warmfront wird dadurch ein Stück weit über den Alpenhauptkamm getragen. Unterhalb von 3000 m bleibt der Wind allerdings auf West bis Südwest und verstärkt sich am Sonntagabend noch mal:
Unter der stabilen Schichtung der Warmfront und mit intensivem Niederschlag wird sich diese zweite Windspitze weitgehend auf die höheren Lagen beschränken, bis zum Boden setzt sich davon kaum etwas durch. Am Montagmorgen mit nachlassendem Niederschlag können sich dann noch mal ein paar ruppige Böen in den Niederungen bemerkbar machen, im Lauf des Montags schwächt sich dann der Wind in allen Höhenlagen allmählich ab.
Ein etwas genauerer Blick lohnt sich auf die Niederschlagsmengen zu werfen, die in 36 Stunden von Samstagabend bis Montagmorgen fallen sollen:
Das gezeigte GFS-Modell ist dabei am progressivsten, andere Modelle sind da etwas zurückhaltender (lokale Spitzen um 80 mm). Die Modelle haben allerdings solche Lagen auch schon unterschätzt (z.B. Oktober 2011 mit teils verheerenden Überschwemmungen in einigen Alpentälern). Wir haben diesmal das Glück, dass die Niederschlagsphase weniger lange dauert und dass in den letzten Tagen bis in mittlere Lagen einiges an Schnee geschmolzen und in den Abfluss gelangt ist. Die Böden sind dadurch jetzt allerdings gesättigt, sodass die Oberläufe vor allem im Jura und in den westlichen Voralpen an den Rand ihrer Kapazitäten gelangen können. Dank der Trockenheit des vergangenen Halbjahres führen die grösseren Flüsse aber derzeit teils extremes Niedrigwasser, sodass kaum mit verbreiteten Überschwemmungen zu rechnen ist.
Mit dem rasch aus Westen vorstossenden Hochdruckgebiet beruhigt sich das Wetter am Montag rasch und die Nullgradgrenze steigt bis gegen knapp 4000 m. Auf 5700 m werden gerade mal -14 Grad erreicht, ein beachtlicher Wert für Anfang Februar. Der Hochdruckeinfluss hält auch noch am Dienstag, allerdings ziehen in der Höhe immer wieder dichte Schleierwolken durch. Erst am Mittwoch erreicht uns aus Nordwesten die Kaltfront dieses riesigen Tiefdrucksystems im Norden. Die Schneefallgrenze startet bei etwa 1800 m, um bis zum Donnerstagmorgen allmählich in die Niederungen zu sinken. Nun dreht auch endlich der Bodenwind auf Nordwest, sodass am Alpennordhang eine ordentliche Neuschneemenge fallen kann:
Die Temperatur in 5500 m sinkt auf -35 Grad, sodass es auch im Flachland zu kräftigen Schneeschauern, mitunter auch mal mit Blitz und Donner kommen kann. Am Freitag wirkt bereits ein Zwischenhoch, immerhin kommt es bei aufklarendem Himmel über dem frisch gefallenen Schnee wieder mal zu anständigem Frost. Bereits am Wochenende soll sich aber der nächste Warmluftvorstoss aus Südwesten nähern, denkbar ist auch eine Föhnlage in den Alpen. Ein nachhaltiger Wintereinbruch sieht anders aus…