Jährlich grüsst der Samichlaus, das Weihnachtstauwetter und – genau! – die Sturmlage Mitte Januar. Auf gewisse Dinge ist einfach Verlass, was in unserer schnelllebigen und sich stetig verändernder Zeit gar nicht mal so schlecht ist. Es gibt zwar den weisen Spruch dass sich Wetter nicht wiederholt, und wenn man die Details betrachtet wird man darin auch bestätigt. So gleicht zwar der Titel zu diesem Beitrag jenem vor genau einem Jahr wie ein Ei dem anderen, doch dürfte aus dem diesjährigen Ei eher ein Schneehuhn schlüpfen, während uns das letztjährige einen Kuckuck als Symbol für den nahenden Frühling beschert hatte. Ein gewichtiger Grund für diesen Unterschied dürfte die doch etwas andere Vorgeschichte der ersten zehn Tage des Jahres ausmachen: 2016 war Europa zu diesem Zeitpunkt weitgehend schneefrei, während in diesem Jahr mit wiederholten Kaltluftausbrüchen über Osteuropa eine gesunde Grundlage für hausgemachte Kälte bereit gestellt wurde.
Alles Gute kommt aus Westen oder wie im Fall der winterlichen Sturmtiefs aus Nordwesten, denn der Ursprung liegt so oft in einem Kaltluftausbruch durch die Davisstrasse auf die relativ warme Labradorsee:
Dargestellt sind die Temperaturen in rund 1500 m Höhe, der weisse Pfeil markiert den Ausbruch arktischer Luft von bis zu -30 Grad auf den Nordatlantik. Dort wird durch die extremen Temperaturunterschiede eine Welle gebildet, die nach 36 Stunden bei uns als Randtief für eine stürmische Nacht sorgen wird. Dabei erwärmt sich die arktische Luftmasse auf dem Weg über den Atlantik unter gütiger Mithilfe von Vermischung mit Subtropenluft auf -5 Grad in 1500 m. Was einmal mehr eindrücklich aufzeigt, aus welcher Richtung wir den Winter in Europa nicht erwarten müssen, allenfalls kann diese Entwicklung die Zutaten in der europäischen Grosswetterküche neu mischen, sofern die Kaltluftausbrüche von Kanada her auf den Atlantik nicht nachhaltig sind, so wie im aktuellen Fall. Doch bevor wir uns der mittelfristigen Entwicklung widmen, wenden wir uns zunächst der Kurzfrist, also dem Sturmtief zu:
Hier sehen wir das Randtief mit einer Zugbahn über Holland und Norddeutschland hinweg. Das ist die amerikanische Variante, die von UKMO gestützt wird. Etliche Festlandeuropäer wie ICON, Arpège und Hirlam sehen die Zugbahn über Luxemburg und der Mitte Deutschlands, zudem gibt es zeitliche Verschiebungen um etwa 3 Stunden, die aber für uns nicht ins Gewicht fallen. Auch steht für uns ausser Frage, ob wir ins Sturmfeld geraten oder nicht. Allerdings entscheidet die Positionierung des Tiefs und der daraus resultierende Druckgradient darüber, ob im Mittelland Böen von etwa 80 oder gar 100 km/h durchbrechen. Dass auf den Bergen Orkanböen zu erwarten sind, steht wiederum fest. Etwas dämpfend auf die absoluten Spitzenböen in den Niederungen dürfte der Umstand wirken, dass die Kaltfront in der zweiten Nachthälfte durchzieht, somit also der verstärkende Effekt der tageszeitlichen Erwärmung wegfällt. Noch ein Wort zum Niederschlag: Dieser fällt in den freien Lagen der Alpennordseite bereits ab der Warmfront von Mittwochnacht bis in Höhen von rund 1000 m als Regen. Etwas beruhigend dürfte die Nachricht für die Skigebiete sein, dass die Warmfront den inneren Alpentälern vorerst noch Schnee bis in die Tallagen bringt, und die Niederschläge am Donnerstag tagsüber mit der wärmsten Luft (Schneefallgrenze lokal bis 1500 m steigend) nur schwach ausfallen. Kritisch unter diesem Aspekt ist der Regen in der ersten Nachthälfte vor dem Eintreffen der Kaltluft, in tieferen Lagen wird wohl vom bisherigen Schnee nicht allzu viel übrig bleiben. Aber für Nachschub wird schnell gesorgt: Am Freitagmorgen sinkt die Schneefallgrenze bis in die Niederungen und dort wird sie in den folgenden Tagen auch bleiben. Denn in einem sind sich die Modelle nach der unsicheren Zugbahn des Randtiefs wieder einig: Es findet eine mächtige Austrogung über Mitteleuropa bis ins Mittelmeer und in der Folge ein Abschnürungsprozess statt. Für uns bedeutet dies zuerst von Freitag bis Sonntag eine Nord- und in den Folgetagen eine Ostlage.
Mit dieser Nordströmung erreichen uns polare Luftmassen, welche bei einer normalen Eisbedeckung der Arktis für uns strengen Winter bedeuten würde. So aber ist die Luft vorerst gemässigt kalt und auch ausreichend feucht, um immer wieder für Schneeschauer zu sorgen. Am Freitag ist die Höhenkaltluft sogar derart beschaffen, dass es für einige Wintergewitter reichen dürfte. Spannend wird die Lage anschliessend mit dem CutOff-Tief über dem Mittelmeer:
Über Mitteleuropa bildet sich bodennah eine Hochdruckbrücke bis nach Russland, und jetzt kommt der eingangs erwähnte Schnee in Mittel- und Osteuropa zum Tragen: Unter diesem Hoch kann in klaren Nächten über frischem Schnee sehr effektiv Kaltluft produziert werden, welche mit der einsetzenden Nordostströmung auf die Alpennordseite geführt wird. Manche „Meteorologen“ werden zwar zwecks Effekthascherei wieder mal die Legende der sibirischen Kaltluft bemühen, doch nein, es ist lediglich Kaltluft der Marke Osteuropa. Das starke Druckgefälle zwischen dem Hoch nördlich von uns und dem Mittelmeertief wird einen Bisensturm in Gang setzen, wie wir ihn wahrscheinlich seit Februar 2012 nicht mehr gesehen haben – dies selbstverständlich bei Dauerfrost und zweistelligen Minustemperaturen in den Nächten. Liebhaber von natürlichen Eisskulpturen an Seeufern sollten sich den Dienstag und Mittwoch schon mal in ihrer Agenda vormerken. Getrübt werden könnte das Schauspiel durch schlechte Lichtverhältnisse, sollte das Höhentief tatsächlich die gezeigte nördliche Position beibehalten. In diesem Fall ist nämlich mit hartnäckiger hochnebelartiger Bewölkung zu rechnen, mitunter kann es daraus sogar gelegentlich flöckeln. Das Ende dieser Kälteperiode lässt sich anhand der heutigen Unterlagen nicht festlegen.