Wir haben es ja hier nicht so mit reisserischen Schlagzeilen, aber wenn sich die Gelegenheit schon bietet, die längste Mondfinsternis des Jahrhunderts in den Wochenbericht einzubauen, dann ergreifen wir sie auch. Ob sich das auf das Erlebnis besonders auswirkt, wenn die Totalitätsphase ein paar Minuten länger dauert als üblich – nun ja: Hauptsache, uns wurde es heute auf allen Kanälen von früh bis spät bewusst gemacht. Sehen kann man das Spektakel kurz nach Sonnenuntergang fast überall, wo man genügend Abstand zu höheren Hindernissen am Südosthorizont hat. Ausnahme sind Teile der Alpensüdseite und Graubündens, wo das eine oder andere Hitzegewitter bzw. dessen Cirrenschirm die Sicht vorübergehend eintrüben kann. Die aus Westen aufziehenden Schleierwolken hingegen kommen spät genug, ausser man befindet sich gerade in der Romandie. Damit wäre auch schon zum eigentlichen Thema dieses Blogs übergeleitet: Aus Westen nähert sich eine Kaltfront – wobei man sie eigentlich Bitzliwenigerheissfront nennen müsste.
Der Überblick über die grossräumigen Strömungen und Druckgebilde in rund 5500 m Höhe zeigt uns eine straffe Westströmung vom Atlantik nach Mitteleuropa gerichtet, wo sie jedoch scharf nach Nord bis Nordwest umbiegt: Die Grosswetterlage dazu nennt man Winkelwest und wird gemeinhin mit Frontenfriedhof irgendwo in Mitteleuropa in Verbindung gebracht. Das ist auch diesmal nicht anders.
Andersrum: Wir können uns schon fast nicht mehr daran erinnern, wann letztes Mal eine atlantische Front auf Europa übergegriffen hat, nämlich Ende April. Auch diesmal könnte es bei einem mehrmaligen Anlauf der Westlage bleiben, bis das Hochdruckbollwerk über Skandinavien weggehobelt ist. Ob dies im Lauf der nächsten Woche gelingt, darüber sind sich die Modelle noch nicht einig. Die Erhaltungsneigung spricht dagegen, die Siebenschläfer-Regel auch: Für eine Umstellung ist es eigentlich zwei bis drei Wochen zu früh. Möglicherweise sind da die Schwergewichte in der Modellwelt wie schon öfters in den letzten Monaten auf dem fehlgeleiteten „Normalisierungstrip“. Lassen wir uns überraschen.
Jedenfalls kommt da am Samstag etwas herangeschlichen:
Wir sehen zwei Luftmassengrenzen (eine über der Schweiz, eine zweite über Frankreich), gleichzeitig aber auch, dass sich am Abend bereits wieder Hochdruck am Boden aufbaut. Die Front läuft voll ins hohe Geopotenzial im Osten rein und wird aufgerieben. Fragt sich nur, wo genau die Abschwächung erfolgt: genau über der Schweiz oder nachdem sie über uns hinweggezogen ist? Nicht sehr lustig für Meteorologen und daher Nowcasting-Sache: Es gibt sowohl Unwetter- wie Flop-Potenzial. Da ist einerseits das bereits erwähnte hohe Geopotenzial im Osten, aber auch die bodennah fehlende Feuchte. Auf der Vorderseite muss man also gar nicht erst mit verstärkenden Faktoren rechnen. Da muss der Westen liefern, und so werden wir wahrscheinlich erst gegen Mittag sehen, was auf uns zukommt. Vorlaufend viel hohes Gewölk, das die Sonneneinstrahlung bremst? Ein Kaltluft-Blast, der die Entwicklung von der Grundschicht her bremst? Es riecht ganz schwer danach. Trotzdem sollte man auf ein heftigeres Ereignis gefasst sein – und sei es nur ein vorlaufender Sturm, auf den hinterher gewittriger Regen folgt. Alle, die auf das lang ersehnte Nass von oben warten: Schraubt die Erwartungen besser nicht zu hoch, damit die Enttäuschung nicht umso höher ausfällt. Die Zuggeschwindigkeit der Front ist nämlich derart hoch, dass auch ein kräftiger Gewitterregen rasch vorbei ist. Mengenmässig wird das Ereignis also weit davon entfernt sein, die Trockenheit zu beenden. Andersrum dürfen sich all jene freuen, die am Abend draussen etwas vorhaben: Dann ist nämlich das Gröbste bereits vorbei, zumindest in der westlichen Landeshälfte.
Wer nun denkt, dass sich am Sonntag die übliche Rückseite mit Nordstau an den Alpen einstellt: Weit gefehlt! Vielleicht hängen am frühen Morgen noch ein paar Wolken an den östlichen Bergen rum. Dann jedoch dreht die Höhenströmung bereits wieder auf Südwest und auf den Druckanstieg am Boden folgt sogleich auch noch ordentliche Warmluftadvektion in der Höhe: Das Geopotenzial steigt wieder kräftig an und killt jegliche Schauerambitionen – von Gewittern sollte man gar nicht erst zu träumen anfangen. Stattdessen liegt die 30-Grad-Marke bereits wieder in bequemer Reichweite.
Und dann folgt in den nächsten vier Tagen Copy-Paste das, was wir bereits diese Woche hatten:
Ein kräftiger Höhenrücken über Mitteleuropa mit dem einzigen Unterschied, dass die 500-hPa-Temperatur diesmal gar auf -8 Grad ansteigt. Also noch mehr Deckel als zuletzt. Für einzelne Hitzegewitter braucht es diesmal noch viel mehr positive Zutaten vom Boden her.
Genau auf den 1. August bzw. in der Nacht auf den 2. folgt der nächste Angriff aus Westen. Nach den jetzigen Unterlagen ist aber diese erneute Bitzliwenigerheissfront noch weniger aktiv als die vom Samstag. Dies zeigt zumindest der Blick auf die Ensembles, wo man Niederschlagssignale mit der Lupe suchen muss. Womit wir das Thema hier gleich ohne Gewissensbisse beenden können:
Also geniesst den Blutmond (ups, jetzt ist mir dieses Wort doch noch rausgerutscht – ist gut für die Suchmaschinen…) heute Abend und mit viel Glück das Gewitter am Samstag – danach hat uns der Himmel wahrscheinlich nicht mehr allzu viel zu bieten.