Irgendwann kommt es recht zuverlässig – wenn wir nicht gerade das Jahr 2018 oder 2003 schreiben – in der Regel zwischen dem 10. und 20. August: das Hochsommer-Ende. Dieser Knall, einhergehend mit einer Umstellung der Grosswetterlage, steht uns dieses Jahr auch wieder bevor. Ist die subtropische Luftmasse Mitte August in Mitteleuropa mal ausgeräumt und etabliert sich dahinter eine mässig warme West- oder gar kühle Nordwestlage, dann wird es mit dem rapide sinkenden Sonnenstand und kürzer werdender Tageslänge zunehmend schwierig, die Luft noch mal auf hochsommerliche Werte aufzuheizen. Kommt danach irgendwann noch mal eine warme Luftmasse aus südlichen Gefilden zu uns, ist die Atmosphäre in der Regel bereits recht stabil geschichtet, sodass es schwierig wird, noch mal eine Schwergewitterlage zu produzieren. Also ja: Die aktuelle Konstellation sieht ganz danach aus, als wäre das kommende Wochenende die letzte Gelegenheit in dieser Saison, noch mal wirklich heftige Gewitter bestaunen zu können – oder je nach persönlicher Präferenz: Man darf danach froh sein, dass die Wahrscheinlichkeit für schadbringende Unwetter markant sinkt.
Das Titelbild zeigt die aktuelle Ausgangslage heute Freitagabend mit der Höhenströmung in rund 5500 m. Wenn man ganz genau hinschaut (ein grösseres Bild lässt sich mit einem Klick öffnen) dann erkennt man, wie die Höhenströmung über der Schweiz von antizyklonal (Wind dreht im Gegenuhrzeigersinn) auf zyklonal (Uhrzeigersinn) wechselt. Das ist natürlich in der dieser Auflösung nur ganz grob: In der Strömung eingebettet können kleine Wellen oder Kurzwellentröge liegen, die – falls überhaupt – nur von hoch auflösenden Modellen erkannt werden. Über dem Jura beträgt die Windgeschwindigkeit in 3000 m Höhe bereits 70 km/h, in 5500 m knapp 100 km/h, also liegt eine extreme vertikale Scherung vor, was nicht nur sehr hohe Zuggeschwindigkeiten der sich nähernden schleifenden Front zur Folge hat, sondern das Potenzial für grossen Hagel und heftige Sturmböen birgt. Die alles entscheidende Frage ist nun, wie rasch die Front vorankommt und das Mittelland erfasst. Die Modellwelt ist sich dahingehend einig, dass dies in der zweiten Nachthälfte oder am frühen Morgen des Samstags geschieht – allerdings nicht, in welchem Zustand die ins hohe Geopotenzial hineinlaufende Front hier ankommt und wie weit sie es als aktive Front noch schafft. Denn im Lauf des Samstags wölbt sich sowohl der Höhenrücken erneut auf, wie auch am Boden der Druck bereits wieder steigt. Die Front wird also irgendwo quer über der Schweiz liegend aufgerieben:
Bei aller Modellunschärfe kann man mal davon ausgehen, dass der Vormittag in weiten Teilen des Mittellandes, eventuell auch in den Westalpen inkl. Wallis verregnet wird, wobei auch Gewitter eingelagert sein können. Da es sich um eine schleifende Front handelt, können die Niederschlagmengen dort, wo die Front über Stunden hinweg entlang zieht, recht hoch ausfallen. Am grössten ist die Gefahr von Überflutungen wahrscheinlich im Jura und in der Nordschweiz. In Richtung Alpen verliert die Front immer mehr an Aktivität und wahrscheinlich löst sie sich um die Mittagszeit oder am frühen Nachmittag in Wohlgefallen auf – es ist also gut möglich, dass die Ostschweiz sogar trocken bleibt. Da die feuchte Warmluft inneralpin nicht ausgeräumt wird, muss man hier (insbesondere vom Nordtessin bis ins Graubünden) am Nachmittag und Abend mit einigen Gewittern rechnen, in den anderen Gebieten sollte es am Abend trocken bleiben.
Der Sonntag beginnt unter erneutem Hochdruckeinfluss sonnig und es wird noch mal heiss. Aus Südwesten wird aber im Tagesverlauf zunehmend energiereiche, sprich feuchtere Luft (sehr warm ist sie ja bereits) zugeführt. Am Boden bildet sich ein Hitzetief und in der Höhe rückt die extreme Höhenströmung mit der nächsten wellenden Front wieder näher:
Vergleicht man die Luftmassengrenze über Frankreich mit jener vom Samstag, dann sieht man den Unterschied sofort: Der Temperaturgradient ist auf kürzerer Distanz viel extremer. Das wäre dann eben: tschüss Hochsommer! Was genau da in der Nacht auf Montag geschieht, ist aufgrund der zeitlichen Distanz noch schwierig einzuschätzen, zumal die hoch aufgelösten Modelle noch gar nicht bis dahin rechnen. Zum Teil werden aber bereits am Sonntagabend heftige Entwicklungen gerechnet, fragt sich nur: Bleibt es vorerst noch auf den Jura beschränkt oder kommt es auch aus den Voralpen heraus zu Schwergewittern mit Hagel und Sturm? Die noch weitaus höheren Windgeschwindigkeiten in der Höhe lassen jedenfalls keine Zweifel aufkommen, dass da ordentlich Potenzial für schwere Schäden vorhanden ist:
Man sieht in dieser Modellvariante aber auch, dass die südöstliche Hälfte der Schweiz noch unter dem Einfluss des Hochdruckrückens liegt. 100 Kilometer mehr oder weniger oder eine Verschiebung um 3 bis 6 Stunden ist aber auf diese zeitliche Distanz ein Klacks, also sollte man besser bereits am Sonntagabend auf alles gefasst sein. Und sonst wird es spätestens in der Nacht auf Montag ruppig. Auf jeden Fall folgt dann der Luftmassenwechsel sehr rasch und mit der Winddrehung auf West bis Nordwest wird die ganze Feuchte an der Alpennordseite gestaut.
Der Montag zeigt sich also trüb, regnerisch und kühl, wobei es bei der Niederschlagsmenge insbesondere im Nordstau noch einige Fragezeichen gibt. Manche Modellfantasien schiessen völlig ins Kraut, also sollte man zumindest darauf gefasst sein, dass hier und da Bäche oder kleinere Flüsse über die Ufer treten können.
Spätestens am Dienstag wird einem dann bewusst, dass der Hochsommer vorbei ist. Nämlich dann, wenn der Niederschlag nachlässt und die Wolken trotzdem nicht so recht aufreissen wollen und die Temperatur unter 20 Grad verharrt. Die folgenden Tage bleiben eher kühl, wobei noch nicht ganz klar ist, wie gut sich die Sonne wieder durchsetzen kann. Tut sie dies zumindest zeitweise, liegen etwa 22-24 Grad drin, das ist also noch nicht gerade Herbst, aber eben auch nicht mehr so richtig Sommer. In der Westströmung eingebettet wird auch die eine oder andere Störung im Verlauf der Woche vorbeischauen, in dieser energiearmen Luftmasse wird es jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr für Gewitter reichen. Immerhin müssen wir aber noch nicht gleich über die Schneefallgrenze sprechen…