Von einem Extrem ins andere – vergleicht man das Wetter vor genau einem Jahr und heute ist das wie Winter und Sommer… die Wundertüte Mai kann eben alles. Zehn bis zwölf Grad beträgt die Differenz beim Tagesmittel und noch grösser ist sie bei den Tageshöchsttemperaturen aufgrund der nass-kalten Witterung vor einem Jahr. Normal ist beides nicht, doch während wir vor einem Jahr fast 10 Grad über dem Minusrekord der Messreihen lagen, werden dieses Jahr die Maximumrekorde geritzt und vermutlich am Freitag sogar übertroffen. So viel zur Einordnung der aktuellen Lage in Sachen Temperaturen, womit wir uns nun ums Eingemachte kümmern können, nämlich um das was in den nächsten Tagen von oben fallen soll.
Viel aktiver und vor allem etliche Stunden früher dran als modelliert ist die Gewitteraktivität heute Donnerstag. Diesen Umstand muss man schon mal im Hinterkopf haben, wenn man die Modelle in den nächsten Tagen konsultiert. Neigen viele Modelle sonst eher zur Übertreibung, haben sie diesmal ein Problem in die andere Richtung. Der Grund dafür ist leider nicht klar, ich vermute einen Mangel an „Erfahrung“ mit vergleichbaren Lagen zu dieser Jahreszeit, eben weil wir uns am obersten Rand der Klimatologie bewegen. Heute liegen wir noch in einer antizyklonalen Südwestlage, das ändert sich in der Nacht zum Samstag mit dem Durchzug eines Randtiefs und Drehung der Höhenströmung auf West:
Interessant ist auch das Tief vor Portugal, das aus einer Austrogung über dem Atlantik entstanden ist und in Marokko ganz tief Luft holt – sprich: viel Staub aufwirbelt – wie wir das aus diesem Frühling bereits zur Genüge kennen. Seine Wiedereingliederung in die Frontalzone anfangs nächster Woche gleicht einer modellarischen Lotterie, weshalb die Entwicklung nur bis Samstag einigermassen gesichert ist. Das Potenzial am Sonntag und Montag soll aber zum Schluss noch zur Sprache kommen.
Am Freitag schützt uns zunächst noch ein Höhenrücken mit etwas wärmerer Luft in der Höhe, was die Labilität senkt. Gleichzeitig ist die Luft auch in tieferen Schichten trocken und vor allem sehr warm:
Das reicht in den tiefsten Lagen der Schweiz für 32-33 Grad, sofern die Sonne voll durchheizen kann. Zwar werden nur wenige hohe Wolken modelliert, allerdings ist etwas Saharastaub im Spiel: Nicht in so extremen Mengen wie wir das in den letzten Wochen bereits mehrmals hatten, aber vielleicht doch ausreichend, um die hohe Bewölkung etwas anzureichern. Auf der anderen Seite ist noch schwacher Föhn im Spiel, der Geheimtipp für die höchsten Temperaturen liegt also irgendwo zwischen Chur und Vaduz, und falls der Südwestwind gut durchgreifen kann in Basel. Gewitteraktivität wird nur wenig und vor allem erst am späten Abend in den zentralen Voralpen modelliert, bei solchen Lagen ist aber der Jura immer für eine Überraschung am Nachmittag gut – Nowcasting ist angesagt.
Nach der aktuellen Modelllage soll am frühen Samstagmorgen eine Kaltfront die Nordschweiz streifen. Das ist aber wie so oft eine fragwürdige Sache, weil die Front ins hohe Geopotenzial reinläuft und somit an Aktivität verliert. Was am Freitagabend bei unseren nördlichen Nachbarn vermutlich vebreitet für Unwetter sorgt, kommt nur abgeschwächt zu uns. Derzeit sieht es nach etwas gewittrig durchsetztem Regen aus, der relativ rasch zieht und auch stürmische Böen bringt. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich in dem Randtief am Freitag nicht noch eine gewisse Eigendynamik entwickelt – bei dieser Luftmasse kann man nie wissen und wie schlecht die Modelle das derzeit im Griff haben, hat sich heute Donnerstag gezeigt.
Der Samstag sollte in den meisten Landesteilen dank Hochdruckeinfluss ruhig bleiben:
Man erkennt hier aber auch, dass die feucht-warme Luftmasse in den Alpen nicht ausgeräumt wird. Die Lage ist vermutlich zu stark gedeckelt, aber sollte es aufgrund von lokalen Konvergenzen irgendwo im Gebirge auslösen können, kann ein einzelnes lokales Gewitter durchaus heftig werden. Auch da ist also den trocken rechnenden Modellen gegenüber vielleicht eine gesunde Skepsis angebracht.
Ab Sonntag wird’s dann wild in Modellwelt: Während das amerikanische Modell nach wie vor den Höhenrücken über den Alpen zeigt, der so ziemlich jede Entwicklung unterdrücken soll, gehen das europäische und das deutsche Modell auf tutti. Schuld ist das eingangs erwähnte CutOff-Tief, das sich von Südwesten nähert. Ob das mit schweren Gewittern einhergeht oder es einfach mal ordentlich regnet und dann rasch abkühlt, kann man aufgrund der Unsicherheit bezüglich Zugbahn und -geschwindigkeit des Tiefs noch nicht sagen, man sollte aber auf alles gefasst sein. GFS zeigt das Unwetterpotenzial einen Tag später, also am Montag, aber aufgrund der längeren Aufheizphase davor umso heftiger.