Auf Gewitterprognosen spezialisierte Meteorologen und Blitzjäger haben es derzeit nicht leicht. Nach vielversprechendem Saisonbeginn mit durchaus spektakulären Ereignissen ist seit Mitte Juni Schmalkost angesagt. Waren zuletzt wenig energiereiche, kühle Luftmassen aus dem Nordatlantik dafür verantwortlich, übernimmt die Rolle des Spielverderbers nächste Woche ein aussergewöhnlich starker Höhenrücken über Mitteleuropa. Dazwischen schlüpft am Samstag noch rasch eine Kaltfront durch, und diese bereitet einiges Kopfzerbrechen, was ihre Aktivität in der Schweiz betrifft.
Am besten verschaffen wir uns einen Überblick über die Wetterlage anhand der Luftmassenkarte:
Die Protagonisten sind ein Randtief mit Zentrum über Dänemark und ein Hochdruckgebiet über Westfrankreich. Dazwischen eine zügige West-Nordwestströmung mit einer markanten Kaltfront (blau) und einer vorlaufenden Konvergenzzone (schwarz). Die Luftmasse vor der Kaltfront ist mässig energiegeladen und wäre als Gewitterlieferant geeignet. In der Höhe streift Kaltluft mit -15 °C in 500 hPa knapp die Nordostschweiz und sorgt hier für ausreichende Labilität für Gewitterbildung. Nach Westen hin ist die Labilität grenzwertig und der von Westen zu den Alpen ragende Hochdruckkeil trocknet die Luft ab. Die Frage stellt sich nun, welche Einflüsse sind stärker, und wo verläuft die Grenze zwischen Gewitteraktivität, relativ harmlosen Schauern und der trockenen Zone?
Wie so oft sind sich die Wettermodelle in dieser Frage nicht einig. Während die auf dem amerikanischen GFS basierenden Modelle die Schweiz fast vollständig mit Niederschlägen und die Ostschweiz flächig mit Gewittern eindecken, will das britische UKMO am anderen Ende der Palette von Niederschlag innerhalb der Schweiz gar nichts wissen und lässt es nur (wenn auch knapp) östlich von uns krachen. Einen interessanten Mittelweg geht COSMO, deren Variante logisch erscheint: Die vorlaufende Konvergenz wird am Nachmittag erst östlich der Schweiz aktiv. Angesichts der Unsicherheiten ist es nicht ausgeschlossen, dass die Nordostschweiz noch knapp gestreift wird (als geeignete Westgrenze bietet sich das Sittertobel bei St. Gallen an 😉 ). Die nachfolgende Kaltfront erreicht die Schweiz im Lauf des späteren Abends, was einerseits zeitlich ungünstig liegt. Kommt hinzu, dass die Kaltfront in den Hochdruckkeil hineinläuft und entsprechend abgeschwächt wird. Für einige kräftige Regengüsse wird es in der Nacht wahrscheinlich reichen, insbesondere am Alpennordhang. Das Mittelland, der Jura und die Nordwestschweiz dürften dabei weitgehend trocken bleiben. Nicht unerwähnt bleiben soll in einem solchen Fall der Wind, welcher am Jurasüdfuss (Kaltfront-Joran) wohl die kräftigsten Böen bringen wird.
Am Sonntag ist die Front bereits Geschichte, am Morgen hängen noch Restwolken herum und bringen am östlichen Alpennordhang ein paar letzte Tropfen. Was danach folgt, hat in einer Gewittervorschau eigentlich nichts verloren: Ein langes Sommerloch in Form eines ausserordentlich starken Höhenrückens (einige Modell-Läufe zeigen das 500-hPa-Geopotenzial teils in über 5900 m Höhe) unterdrückt jegliche konvektive Aktivität bis weit in die nächste Woche hinein. Ein wenig Spannung verspricht die Entwicklung ab Donnerstag, denn die exakte Position des Hochs wird entscheidend sein, ob in der zweiten Wochenhälfte die Gewitteraktivität langsam zunimmt:
Falls sich das Hochzentrum weit genug nach Norden verlagert, können die Füsse des Omegas für uns wetterbestimmend werden, indem sie für zunehmende Labilität sorgen. Angesichts der zu erwartenden Temperaturen von über 30 Grad wäre ordentlich Zunder in der Atmosphäre, sofern sich von irgendwoher (Südwesten oder Südosten, je nachdem ob das Hoch Rechts- oder Linksfüsser ist) auch noch etwas Feuchtigkeit dazumogelt. Andernfalls wäre bei einem stabilen Hoch über Mitteleuropa einzig der Alpenhauptkamm dazu geeignet, den starken Deckel hier und da zu durchbrechen und ein einzelnes Hitzegewitter hervorzubringen. Bis zur nächsten Ausgabe dieses Blogs wissen wir bestimmt etwas mehr darüber…