Erdbeeren, Kirschen und Aprikosen sind abgeerntet, ebenso ein Grossteil des Getreides. Der Mais steht (zumindest dort, wo er – woher auch immer – genügend Wasser zur Verfügung hatte) teilweise bereits drei Meter hoch und trägt fette Kolben. An manchen Bäumen setzt wegen der Trockenheit bereits der Gilb ein und in den letzten Tagen sanken die Temperaturen frühmorgens in den einstelligen Bereich, Nebelfelder breiteten sich entlang von Gewässern aus. Die Quellwolken verdienten selbst über den Bergen den Namen nicht, kamen oft nicht über Stratocumulus-Niveau hinaus. All dies erinnert an Spätsommer, wenn nicht sogar an Frühherbst, und man begann sich die Frage zu stellen, ob die Gewittersaison zu Ende geht, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat. Luftmassen aus nordöstlicher Richtung waren meist zu trocken, jene aus nördlicher bis nordwestlicher zu kühl – es fehlte schlicht die Energie, um eine ordentliche Gewitterlage zu produzieren. Doch nun, da wir uns allmählich den Hundstagen nähern, scheint sich in der grossräumigen Zirkulation doch allmählich so etwas wie Normalität einzustellen, zumindest der Wille dazu ist vorhanden.
Schaut man sich die Druckverteilung und Windströmungen in der Höhe (ca. 5500 m) an, so erkennt man derzeit eine aus West bis Südwest zu den Alpen gerichtete Strömung, die allmählich energiereichere Luftmassen zu uns bringen:
In diese Strömung eingebettet sind zudem mehrere kleine Höhentiefs, welche für ordentlich Labilität und Hebungsantrieb sorgen: beste Zutaten für eine Schwergewitterlage. So einfach ist es dann leider doch nicht, denn am Boden sieht die Sache völlig anders aus:
Hier erkennen wir über Deutschland ein – wenn auch schwaches – Bodenhoch, welches im Gegenuhrzeigersinn weiterhin trockene Luft zur Alpennordseite führt. Im Mittelland herrscht somit eine schwache Bise, welche die Grundschicht etwas austrocknet und stabilisiert, in der Höhe haben wir West-Südwest mit feuchtwarmer Luft und Hebung. Das sind zwei Gegenspieler, welche die Prognosen extrem verkomplizieren. Entsprechend tischt uns jedes Lokalmodell bezüglich geografischer Verteilung, Zeitpunkt und Intensität von Gewittern eine andere Variante auf. Überraschungen gab es bereits am Freitag den Voralpen entlang und auch Samstag früh wieder mit Entwicklungen, welche die Modelle entweder gar nicht auf dem Schirm hatten oder erst dann, als das Kind bereits in den Brunnen gefallen war. Doch es nützt alles Lamentieren nichts, da müssen wir durch und hoffen auf Verständnis bei den Kunden, welche auf klare Ansagen angewiesen sind. Es bleibt heute und in den kommenden Tagen dabei, dass Entwicklungen erst recht kurzfristig zu erkennen sind. An manchen Standorten kann man aufgrund der Erfahrung die Wahrscheinlichkeit eines Gewittertreffers etwas besser einschätzen, es bleibt aber eine Lotterie. Zumal keine Fronten oder grosse Cluster zu erwarten sind, die ganze Sache also meist sehr unorganisiert und kleinräumig abläuft. Mit einer gewissen Eigendynamik aufgrund der Windscherung ist aber jederzeit zu rechnen, sodass einzelne Zellen durchaus auch mal mittelgrossen Hagel und Sturmböen produzieren können. Ansonsten ist eher Starkregen die Hauptgefahr, wobei die Gewitter bei mässiger Zuggeschwindigkeit immerhin für etwas Verteilung sorgen.
Etwa ab Donnerstag (die Modelle schwanken da noch um etwa einen Tag hin und her) stellt sich die Grosswetterlage Trog Westeuropa ein, womit wir auf die Vorderseite gelangen und aus Südwesten wahrscheinlich auch bodennah sehr warme bis heisse und zunehmend auch feuchte Luftmassen herangeführt werden:
Das wäre dann – vorausgesetzt es trifft so ein – die erste hochsommerliche Schwergewitterlage dieser Saison. Details bleiben abzuwarten, so etwa das Vorankommen des Troges nach Osten und allfällige Abtropfprozesse zum Wochenende hin oder föhnige Einschübe: alles Futter für die nächste Gewittervorschau.
Bei uns östlich von Graz hat es jetzt schon schwere Gewitter und anständigen Hagel gegeben, der einigen Schaden verursacht hat.
liebe Grüsse Rudi Brolli