Über fotometeo

Fabienne Muriset hat seit 2004 internationale Erfahrungen als Medienmeteorologin bei Wetterdiensten im deutschsprachigen Raum gesammelt und bietet seit 2011 ihre Dienstleistungen als selbstständige Meteorologin und Fotografin auf dem freien Markt an. http://www.fotometeo.ch

Sturmvorschau 01.-05.03.2015

Eine stramme Westströmung in rund 5000 m Höhe ist für die Sturmserie von Sonntag bis Dienstag verantwortlich

Eine stramme Westströmung in rund 5000 m Höhe ist für die Sturmserie von Sonntag bis Dienstag verantwortlich

Pünktlich zum meteorologischen Frühlingsbeginn will es der Winter noch einmal richtig wissen. Normalerweise ist die Sturmsaison im März beendet, was in der jahreszeitlich bedingt tiefsten Wassertemperatur des Nordatlantiks begründet liegt. Die geringeren Gegensätze zwischen Wasser und Landmassen bewirken, dass sich die Westwinddrift im Frühling abschwächt und die Tiefdruckgebiete nicht mehr die Kraft der Herbst- und Wintermonate entwickeln. Meridionale Grosswetterlagen, vor allem aus Nord und Ost, nehmen statistisch zu. Wir wissen jedoch, dass seit dem Herbst in der nordhemisphärischen Zirkulation 2013 nichts mehr normal ist, und das dürfte sich nicht von heute auf morgen ändern. Die jetzt anstehende Sturmserie ist verglichen mit den Orkanen vom Dezember/Januar harmlos, soll aber aufgrund des jahreszeitlich unpassenden Auftretens näher betrachtet werden:

Am Sonntagmorgen erreichen uns die Ausläufer des ersten Sturmtiefs mit Kerndruck von ca. 960 hPa an der Nordspitze Schottlands. Mit der Warmfront setzt Niederschlag ein, der zunächst noch bis in tiefe Lagen als Schnee fällt. Mit zunehmendem Südwestwind dürfte aber die Grundschicht im Lauf des Vormittags durchmischt werden, dabei sind Windspitzen im Flachland von 50 bis 60 km/h zu erwarten, in exponierten Lagen kann es auch stürmisch werden. Die Schneefallgrenze steigt auf 1500 bis 1800 m, wo sie bis Montagmittag verharrt. Die derzeit gerechneten Niederschlagsmengen von bis zu 80 mm in diesem Zeitraum können verbunden mit dem markanten Tauwetter (Schneeschmelze in mittleren Lagen) für kleinere Abflüsse durchaus kritisch werden.

Am Montag verläuft die Luftmassengrenze knapp nördlich der Schweiz, nach dem amerikanischen Modell soll sich daran eine Welle bilden und das Sturmfeld verstärken:

20150227-blog2Das Durchgreifen von Sturmböen bis in die Niederungen ist vor allem beim Eintreffen der Kaltfront am späteren Nachmittag oder Abend wahrscheinlich. Im Lauf der Nacht auf Dienstag dürfte die Schneefallgrenze vorübergehend bis in die Niederungen sinken. Bereits am Dienstag erreicht uns aber der Warmsektor des nächsten Randtiefs. Naturgemäss ist die Ausprägung und Position eines Randtiefs auf mehrere Tage hinaus kaum prognostizierbar, sodass Windstärken und Niederschlagsmengen sowie das Verhalten der Schneefallgrenze im Detail noch unklar sind. Relativ sicher ist nach den heutigen Unterlagen, dass wir ab der Nacht auf Mittwoch endgültig in die polare Luftmasse geraten, sodass der Niederschlag ab diesem Zeitpunkt auch in den Niederungen vorwiegend in fester Form fallen wird. Mit allmählichem Drehen des Windes auf Nordwest werden vor allem die Gebiete am Alpennordhang mit ordentlich Neuschnee eingedeckt.

Die feucht-kalte Nordwestströmung sorgt auch am Donnerstag noch für anhaltenden Schneefall im Nordstau der Alpen, während sich im Süden starker Nordföhn bemerkbar macht:

20150227-blog3Ab hier gehen die Prognosemodelle auseinander. Am Freitag soll nach EZ trockenere, aber sehr kalte Luft aus Nordosten den Weg zu uns finden, während GFS bei einer Nordwestlage bleibt. War GFS in den bisherigen Läufen mit EZ noch weitgehend einig, soll sich nach dem neuesten Lauf am Freitag bereits das nächste Tief mit offenem Warmsektor nähern:

20150227-blog4Die Frage stellt sich also, ob der in den letzten Tagen gerechnete Märzwinter voll zuschlägt oder nur eine zwei- bis dreitägige Episode bleibt. Nach den neuesten GFS-Rechnungen soll das ursprünglich blockierende Hoch bei den Britischen Inseln von weiteren Tiefdruckgebieten überlaufen werden, was eine Fortsetzung des wechselhaften Westwindwetters bedeuten würde. Dafür spricht die Wassertemperatur des Nordatlantiks, hier ein Blick auf die gesamte Nordhemisphäre. Dargestellt ist die Abweichung der Wassertemperatur im Vergleich zum Klimamittel 1981-2010:

20150227-blog5Zwischen der Ostküste der USA und den Azoren ist der Atlantik verbreitet zu warm mit regionalen Abweichungen bis knapp 3 Grad. Gleichzeitig bricht immer wieder extreme Kaltluft vom Kontinent über Neufundland aus, was dort die Entwicklung kräftiger Tiefdruckgebiete anfeuert. Die nächste Karte zeigt die markanten Temperaturgegensätze in rund 1500 m Höhe in diesem Gebiet (am linken Rand der Karte):

20150227-blog6Der Warmlufttransport nach Norden auf der Vorderseite dieser Tiefs kann immer wieder die Bildung von Hochs zwischen den Azoren und den Britischen Inseln begünstigen, womit Europa in eine kalte Nordströmung gerät. Die Frage ist nun, wie nachhaltig diese Situation ist oder ob die Neufundland-Tiefs sich derart stark entwickeln, dass sie das Hoch regelmässig überlaufen können. In diesem Fall hätten wir es statt mit einem nachhaltigen Märzwinter mit einem stetigen Wechsel zwischen feucht-milder Westlage und nass-kalter Nordlage zu tun, dazwischen kann sich das Hoch auch mal für ein paar Tage nach Mitteleuropa verlagern. Für Spannung ist in den nächsten Wochen jedenfalls gesorgt.

Sturmvorschau 08.-11.01.2015

Wind in 9000 m Höhe (Jetstream, schwarze Pfeile). Günstige Gebiete für Tiefdruckbildung sind rot dargestellt.

Wind in 9000 m Höhe (Jetstream, schwarze Pfeile). Günstige Gebiete für Tiefdruckbildung sind rot dargestellt.

Wieder steht ein Wochenende an und wieder – wie schon vor einer Woche angedroht – wird unser Wetter turbulent. Die Wetterlage scheint derzeit auf einen Wochenrhythmus getaktet zu sein, was bei lebhaften Westlagen recht häufig vorkommt. Dies liegt in der natürlichen Lebensdauer der nordatlantischen Zentraltiefs begründet, die ungefähr bei 7 Tagen liegt. Während sich das alte Tief über Skandinavien zum Sterben legt, entwickelt sich an der Südspitze Grönlands das nächste. Dazwischen gelangt Mitteleuropa in den Einfluss eines Zwischenhochs, derzeit jeweils in der ersten Wochenhälfte. Zum Wochenede hin greifen dann wieder die Tröge des neuen Tiefdruckkomplexes auf unsere Region über. Gut möglich also, dass wir uns in einer Woche wieder hier treffen werden…

Die Karte im Titelbild zeigt uns einen sehr gesunden und strammen Jetstream. Dabei werden im 300 hPa-Niveau (ungefähr in 9000 m Höhe) zwischen Island und Schottland bis zu 220 Knoten (= knapp 400 km/h) erreicht. Dort wo sich der Jetstream auffächert (in unserer Karte zwischen Schottland und Norwegen) entsteht eine Höhendivergenz, die Luft muss von unten nachströmen, steigt also auf, am Boden bildet sich ein neues Randtief. Dies geschieht zwischen Donnerstagmittag und Samstagmittag gleich drei Mal. In der Folge wird der Jetstream durch das sich aufwölbende Azorenhoch auseinandergerissen und schwächt sich ab, mit der Ostverlagerung des gesamten Systems gelangt Westeuropa neuerlich unter Hochdruckeinfluss.

Das erste (schwächste) Sturmfeld einer zum ersten Randtief gehörenden Okklusion erreicht uns am Donnerstagabend. Abgesehen von ein paar kräftigeren Böen (etwa 60 km/h) und etwas Regen geschieht dabei in den Niederungen auf der Alpennordseite der Schweiz noch nicht viel. Auf den Berggipfeln ist hingegen mit ersten Orkanböen um 120 km/h zu rechnen.

Die zweite Welle trifft am Freitagabend ein:

Windfeld in rund 1500 m Höhe in der Nacht auf Samstag

Windfeld in rund 1500 m Höhe in der Nacht auf Samstag

Dieses Sturmfeld liegt unter einer Warmfront. Der skalige Regen wird die Durchmischung stark abbremsen, sodass die Böen in den Niederungen erneut kaum mehr als 70, in exponierten Lagen 80 km/h erreichen. Auf den Gipfeln von Jura, Schwarzwald und Voralpen erreicht der Weststurm aber zu dieser Zeit den Höhepunkt mit Böen bis zu 150 km/h. Wie auf der Karte zu erkennen ist, liegt das Hauptsturmfeld weiter östlich. Dies wird insbesondere am Samstagmorgen am Alpenostrand nach dem Durchzug der Warmfront relevant, wo die Kanalisierung durch die Umströmung des Alpenriegels am stärksten wirkt. Böen von 120 km/h in der Gegend von Wien sind realistisch, auf den Berggipfeln der Ostalpen bringen solche Lagen gut und gerne 180 bis 200 km/h.

Mit der Warmfront steigt die Schneefallgrenze in der Nacht zum Samstag auf 2000 m an. Die Skigebiete haben dabei noch insofern Glück, als dass der Regen am Samstag tagsüber im Warmsektor eine Pause einlegt. Der warme Wind wird aber die Schneeschmelze in den mittleren Lagen weiter vorantreiben. Interessant wird sein, wie hoch die Temperaturen auf der Alpensüdseite steigen. Der Nordföhn wird im Lauf des Samstags vorübergehend schwächer, sodass das tageszeitliche Timing der Durchmischung nicht optimal erscheint. Die 20-Grad-Marke dürfte aber im Mitteltessin geknackt werden. Dasselbe ist für die Leegebiete am Alpenostrand lokal knapp möglich.

Wie schon vor einer Woche, erreicht am Sonntagmorgen die Kaltfront von Norden her die Schweiz. Diesmal liegt der Trogvorstoss allerdings etwas westlicher, sodass die gesamte Alpennordseite von der Kaltluft erfasst wird:

Luftmassenverteilung am Sonntagmorgen (blau = Kaltluft, grün = Warmluft). Die Kaltfront legt sich an die Alpennordseite.

Luftmassenverteilung am Sonntagmorgen (blau = Kaltluft, grün = Warmluft). Die Kaltfront legt sich an die Alpennordseite.

Die Niederschlagsintensität dürfte vor allem im Alpenstau für einige Stunden recht hoch sein, dabei sinkt die Schneefallgrenze rasch bis in die Niederungen. Nach den derzeitigen Unterlagen sind 10 bis 20 cm Schnee im höheren Mittelland durchaus realistisch, ganz unten dürfte es weniger sein, die Konsistenz des Nassschnees jedoch für den Bau von Schneemännern optimal sein. Frohe Botschaft also für alle Kinder und Junggebliebenen, die sich am Sonntagnachmittag austoben wollen. Die Gelegenheit sollte genutzt werden, denn der Lebensdauer der weissen Pracht sind in den Niederungen enge Grenzen gesetzt. Weniger gemütlich wird es am Sonntag in den höheren Lagen der Alpen sowie auf der Alpensüdseite:

Windfeld in rund 1500 m am Sonntagabend. Durch die Bildung eines Tiefs über Norditalien entsteht ein starker Druckgradient zwischen Nord und Süd = stürmischer Nordföhn

Windfeld in rund 1500 m am Sonntagabend. Durch die Bildung eines Tiefs über Norditalien entsteht ein starker Druckgradient zwischen Nord und Süd = stürmischer Nordföhn

Der Nordwind wird stürmisch bis in die Täler durchgreifen. Mit der Höhenkaltluft steigen die Temperaturen allerdings bei weitem nicht mehr so hoch wie noch am Samstag.

Fazit: Für die Schweiz wird das vor allem bei unseren nördlichen Nachbarn teils zum Orkan hochstilisierten Ereignis keine aussergewöhnlichen Auswirkungen haben. In den Ensembles tauchen derzeit keine Schnellläufer auf südlicheren Zugbahnen auf, welche für unsere Region gefährlich werden könnten.

Sturmvorschau 03.-04.01.2015

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Samstagabend

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Samstagabend

Noch sind sich die einzelnen Wettermodelle nicht ganz einig, wo genau, wie schnell und in welcher Stärke ein Randtief im Lauf des Samstags durch Mitteleuropa ziehen soll. Verschiebungen um 100 bis 200 km nach Norden oder Süden, aber auch um einige Stunden sind bei schnell ziehenden, kleinräumigen Sturmtiefs (auch Schnellläufer genannt) selbst in der Kurzfrist noch üblich und erschweren daher die Prognose des exakten Wetterablaufs. Die hier folgenden Ausführungen stützen sich weitgehend auf das amerikanische Wettermodell GFS und zeichnen ein mögliches Szenario ab, das aber keineswegs als Weisheit letzter Schluss gelten sollte.

Gegenüber dem Ereignis vor einer Woche sind einige Voraussetzungen anders:

  • Das Geopotenzial wie auch der absolute Luftdruck sind wesentlich höher. Dies bedeutet, dass die gezeigten Windgeschwindigkeiten für höhere Lagen gelten (etwa 1500 statt 1300 m).
  • Die nächtliche Abkühlung zuvor fällt wahrscheinlich moderater aus. Damit ist für eine leichtere Durchmischung des warmen Höhenwinds bis in die Niederungen gesorgt, der Niederschlag geht rascher bis in höhere Lagen in Regen über.
  • Das tageszeitliche Timing ist um ungefähr 9 bis 12 Stunden verschoben. Der Niederschlag setzt etwa um die Mittagszeit ein, womit die feste Phase – sofern sie überhaupt auftritt – nur von kurzer Dauer ist.
  • Nicht nur die Luftmasse in mittleren Lagen, sondern auch in der Höhe ist wesentlich wärmer und energiereicher als vor einer Woche. Die Niederschlagsintensität ist höher, die potenzielle Schneefallgrenze mit 1500 bis 2000 m aber so hoch, dass die Niederschlagsabkühlung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.

Interessant ist der Umstand, dass sich innerhalb des Warmsektors ein kleiner Trog befinden soll, der ähnliche Eigenschaften aufweist wie eine vorlaufende Konvergenz im Sommer, aber der Jahreszeit gemäss mit deutlich schwächeren Folgen:

Luftmassen-Analyse für Samstagabend mit eingezeichneten Fronten: rot = Warmfront, blau = Kaltfront, schwarz = "Konvergenzlinie"

Luftmassen-Analyse für Samstagabend mit eingezeichneten Fronten: rot = Warmfront, blau = Kaltfront, schwarz = „Konvergenzlinie“

An dieser Linie wird auch etwas Labilität gerechnet, sodass mit deren Eintreffen konvektiv verstärkter Regen (Schauer, möglicherweise vereinzelt sogar gewittrig) auftritt. An dieser Linie ist auch mit den stärksten Böen in den Niederungen zu rechnen. Diese dürften bei 70 bis 90, in exponierten Lagen auch bei 100 km/h oder knapp darüber liegen und sollten – sofern der Fahrplan von GFS ungefähr stimmt – in den frühen Abendstunden auftreten. Auf den Bergen, insbesondere auf den Jura- und Schwarzwaldgipfeln sowie auf den exponierten Voralpengipfeln tobt der Sturm ganztags, erreicht die Spitzen mit 120 bis 140 km/h aber ebenfalls am Abend.

Die Kaltfront schleift dann in der Nacht wahrscheinlich noch länger in west-östlicher Erstreckung knapp nördlich der Schweiz, sodass die Schneefallgrenze in den Alpen nur langsam sinkt. Im Jura und im Schwarzwald geht der Niederschlag wahrscheinlich bereits in der Nacht bis in tiefe Lagen in die feste Phase über. Mit dem Absinken der Schneefallgrenze bis in die Niederungen am Alpennordhang am Sonntagvormittag wird der Hochdruck aus Westen bereits derart wirksam, dass nur noch wenig bis gar kein Schnee mehr die tiefsten Lagen erreicht. Der Wind lässt dann auch bald nach, nur auf den Bergen sowie in den Tälern der Alpensüdseite weht noch starker bis stürmischer Nordwind:

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Sonntagmittag

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Sonntagmittag

Von Montag bis Mittwoch steht eine ruhige Hochdruckphase mit den üblichen Begleiterscheinungen im Winter an (Nachtfrost, in den Niederungen Nebel oder Hochnebel und in der Höhe zunehmend mild). Das Wetterlagenkarussell scheint sich derzeit im Wochentakt drehen zu wollen, jedenfalls zeigen die Modelle eine nächste mögliche Sturmphase für das nächste Wochenende an. Ob sie auch so abenteuerlich eintrifft, wie etwa GFS in den letzten Läufen vermehrt rechnet, wird sich zeigen müssen.

Prognostiziertes Windfeld in der Nacht auf Samstag, 10. Januar 2015

Prognostiziertes Windfeld in rund 1500 m Höhe in der Nacht auf Samstag, 10. Januar 2015

Sturmvorschau 27.12.2014-02.01.2015

Prognostizierter Höhenwind in rund 1300 m am Samstagnachmittag

Prognostizierter Höhenwind in rund 1300 m am Samstagnachmittag

Nach den sehr milden Wochen würde man es kaum für möglich halten, doch steht Mitteleuropa erstmals seit März 2013 wieder mal eine richtig winterliche Phase bevor. Das Zustandekommen dieser Wetterlage kann man als Sechser im Lotto betrachten, denn die Vorgeschichte mit sehr warmen Meeren rund um Europa und einem bisher zahnlosen Winter in weiten Teilen Ost- und Nordeuropas liessen noch vor wenigen Tagen kaum an ein Szenario denken, wie es uns in den letzten Tagen des Jahres 2014 erwartet. Eingeleitet wird der Wettersturz durch ein Tief, das am Samstag von den Britischen Inseln her über Westeuropa und die Alpen hinweg in den zentralen Mittelmeerraum zieht. In seinem Sog zapft es arktische Luftmassen aus dem Raum Spitzbergen-Nordskandinavien an, wo die Tagestemperaturen derzeit kaum über -20 Grad hinauskommen. Der Kaltluftausbruch ist zudem direkt auf die Alpen gerichtet.

Zu allererst beschäftigt uns das Sturmtief am Samstag mit seiner ungewöhnlichen Zugbahn. Sein Warmsektor ist beim Eintreffen in die Schweiz bereits am okkludieren, das heisst die Warmluft wird zwischen den zwei Kaltluftmassen auf der Vorder- und der Rückseite des Tiefs angehoben. Durch die Südostverlagerung des Tiefs kommt der verbleibende Warmluftrest zudem kaum in die östlichen Landesteile voran. Dies und die Stärke des Tiefs gestalten die genaue Prognose, wo es wie stark und wie weit herunter schneien kann, extrem schwierig. Ebenso fraglich ist, wie stark sich der Wind bis in die Niederungen durchsetzen kann. Denn zwei Faktoren heben sich gegenseitig auf: Die Durchmischung und die Niederschlagsabkühlung. Fällt der Niederschlag intensiv genug, kann sich der Wind weniger gut nach unten durchsetzen und die bodennahe Kaltluft ausräumen, die Verdunstungsenergie kühlt die Luft zusätzlich ab und es schneit bis unten durch. Bei weniger starkem Niederschlag kann es hingegen kräftigere Böen bis in die tiefsten Lagen geben, die bodennahe Luftschicht wird erwärmt und die Schneefallgrenze steigt. Schauen wir uns die Lage am Samstagmittag anhand der Luftmassenverteilung an:

20141226-blog2Die pseudopotentielle Temperatur stellt den Energiegehalt einer Luftmasse dar, eine Kombination aus Temperatur und Feuchtigkeit. Die Faustregel besagt, dass bei einem Wert von 12 die Schneefallgrenze bei 0 m.ü.M. zu liegen kommt, bei 24 bei 1000 m usw., sie steigt also jeweils 250 Meter pro 3 Grad. Die GFS-Prognose geht davon aus, dass eine Warmluftzunge von äq.-pot. 21° über die Westschweiz hinweg zieht. Theoretisch könnte also die Schneefallgrenze vorübergehend bei etwa 750 m zu liegen kommen. Wie erwähnt wird die Niederschlagsabkühlung dem entgegenwirken, die Frage ist allerdings: wo und wie stark? Ganz sicher wird der Südwestwind durch die Burgunderpforte in den Oberrheingraben und zum Juranordfuss durchgreifen. Spannender wird es im Mittelland, hier spielt die nächtliche Auskühlung wohl das Zünglein an der Waage. Da sich in der Nacht bereits zunehmend dichte Schleierwolken von Westen her ausbreiten, dürften die Temperaturen in der Westschweiz wohl nur schwer unter den Gefrierpunkt fallen. Irgendwo im Mittelland wird also die Grenze zu liegen kommen, wo der Niederschlag im Osten am Samstag durchgehend als Schnee fällt, wärend es im Westen noch regnet.

Der Wind spielt dabei eine erhebliche Rolle: Auf den Jura- und Schwarzwaldgipfeln bringt er orkanartige Böen, die sich aber nur schwer nach unten durchsetzen. In den Niederungen dürften 50 bis 60, in etwas exponierteren Lagen auch mal 70 km/h erreicht werden. Je weiter östlich, umso weniger stark setzen sich die Böen durch. Noch zu erwähnen ist ein kurzer, aber kräftiger Föhnstoss in den Alpen, der am Samstagvormittag in den dafür bekannten Tälern durchaus knapp Sturmstärke erreichen kann.

Bezüglich der Schneefallgrenze kann nun durchaus die interessante Situation auftreten, dass am Juranordfuss bis auf 700 m hinauf Regen fällt, während es in den windgeschützten Juratälern wie etwa in Balsthal durchgehend schneit. Lokale Gegebenheiten entscheiden an diesem Tag über markante Unterschiede auf kurzer Distanz. Spätestens am Abend trifft dann aber die Kaltluft aus Nordwesten ein und die Schneefallgrenze sinkt überall bis in die tiefsten Lagen. Allerdings wird der Niederschlag dann auch bald schwächer. Beträchtliche Neuschneemengen von bis zu einem halben Meter mit massiven Schneeverwehungen sind aber in den westlichen Regionen oberhalb von 800 m zu erwarten, nach Osten hin nimmt die Neuschneemenge kontinuierlich ab.

Am Sonntag schneit es am Alpennordhang noch ein wenig weiter. Mit starker Bise bleibt die Temperatur dabei durchgehend im Frostbereich. Richtig knackig kalt wird es aber erst mit der ersten klaren Nacht, am Montagmorgen dürften die Temperaturen verbreitet in Richtung -10 Grad fallen. Am Genfersee ist mit einem Bisensturm, auf der Alpensüdseite mit stürmischem Nordföhn zu rechnen. Diese Kälte bietet dann auch der nächsten Schneefront, die uns voraussichtlich am Montagabend erreicht, den ausreichend kalten Boden für eine Neuschneeauflage selbst in den tiefsten Lagen, die eventuell am Samstag noch nahezu leer ausgehen.

Wie sieht der weitere Verlauf aus? Der Tiefpunkt der Kältewelle wird voraussichtlich Dienstag früh erreicht:

20141226-blog3Die Kaltluftzunge, die auf direktem Weg von Spitzbergen über Finnland zu den Alpen vorstösst (und nicht etwa aus Sibirien stammt, wie auf Kosten der Gebühren zahlenden TV-Zuschauer behauptet wird), wird von Nordwesten her abgeschnürt, es bleibt ein Kaltlufttropfen über Südosteuropa liegen. Fragt sich nun, wie sich der für seine Eigendynamik bekannte Kaltlufttropfen verhalten wird. Nach einigen Modellen soll er den Alpenraum noch einige Tage bis ins neue Jahr mit einem Bisensturm versorgen, hier dargestellt der Höhepunkt am Dienstag:

20141226-blog4Alternativ kann sich aber auch ein Hochdruckgebiet durchsetzen, was für die Alpennordseite zwar auch mit Bise, aber weitaus gemässigter und mit einer allmählichen Milderung vor allem in den höheren Lagen einhergehen dürfte. Die Unsicherheit diesbezüglich ist nach Stand 26.12. noch sehr gross, die Ensembles weisen ab Neujahr eine Streuung von gerade mal 15 Grad auf…

Sturmvorschau 11.-17.12.2014

Lage des Randtiefs am Freitagmittag über Dänemark. Gut zu erkennen ist der breite Warmsektor mit milden Luftmassen aus Südwest (türkis bis grün).

Lage des Randtiefs am Freitagmittag über Dänemark. Gut zu erkennen ist der breite Warmsektor mit milden Luftmassen aus Südwest (hellblau bis grün).

Zugegeben: „Sturm“ ist zumindest für die Niederungen der Alpennordseite etwas hoch gegriffen. Aber es tut sich endlich was in der Wetterküche, und das ist nach inzwischen sechs Wochen Dauernebelgrau doch schon bemerkenswert. Die Grosswetterlage hat sich in den letzten Tagen nachhaltig umgestellt. Das Azorenhoch ist gestärkt und an seinem angestammten Platz, zwischen Grönland und Island entstehen immer wieder kräftige Tiefs. Aktuell tobt dort der Orkan „Alexandra“, der am Dienstagmorgen den tiefsten Kerndruck von 940 hPa aufwies. Er füllt sich nun auf seinem Weg nach Osten auf, tut dies allerdings nur langsam und an seiner Südwestflanke entwickelt sich am Donnerstag eine Welle, die sich am Freitag über der Nordsee zu einem Teiltief mit Kerndruck zwischen 970 und 980 hPa mausert. Es wird sich auch bei uns bemerkbar machen.

Wie die nachfolgende Karte zeigt, erfasst das breite Sturmfeld nahezu ganz Deutschland und streift die nördlichen Teile der Schweiz. Da es sich allerdings um einen Warmsektor-Sturm handelt, ist die Durchmischung in die unteren Luftschichten eher schlecht. Auf den höchsten Juragipfeln und im Hochschwarzwald kann es durchaus für Orkanböen um 120 km/h reichen, auch auf den Voralpengipfeln ist noch mit schweren Sturmböen zu rechnen.

20141210-blog2Weiter in die Alpen hinein reicht der Sturm jedoch aufgrund der Südwestströmung nicht, hier kommt es allenfalls zu ein paar kräftigen Föhnböen in den prädestinierten Tälern. In den Niederungen der Alpennordseite erreicht der Südwestwind am Freitag Spitzenböen von 50 bis 60, in exponierten Lagen auch mal 70 km/h. Mit der Entfernung des Randtiefs nach Skandinavien bleibt die Südwestströmung mit Föhntendenz in den Alpen am Samstag zwar noch bestehen, schwächt sich aber allmählich ab. Noch zu erwähnen ist, dass die dazugehörige Regenfront nordwestlich der Schweiz schleift und nur dem Jura nennenswerte Niederschlagsmengen bringt, die Schneefallgrenze sinkt von ursprünglich 1500 m in der Nacht auf Sonntag knapp unter 1000 m. In den Alpen kommen – wenn überhaupt – nur ein paar Flocken an.

Die weitere Entwicklung verspricht lebhaftes Westwindwetter, wie uns die Ensembles des amerikanischen Modells GFS zeigen:

20141210-blog3Das stetige Auf und Ab der Temperaturen (mittlere Kurven) mit starker zeitlicher Versetzung der Wellentäler und -berge sowie die permanente Niederschlagsbereitschaft (am unteren Rand der Grafik) sprechen für eine zyklonale Westlage. Sie ist geprägt von rascher Abfolge milder Vorderseiten, die auch mal in eine kurze Föhnphase münden können, und kälterer Rückseiten, bei denen ein wenig Schnee bis in die Niederungen fallen kann. Die Betonung liegt auf „wenig“, da sich rückseitig der Kaltfronten jeweils rasch Zwischenhochs etablieren und die Luft abtrocknen. Immerhin kommt es bei günstigem tageszeitlichem Timing der klaren Phasen zu leichten bis mässigen Nachtfrösten.

Nach einer Zwischenhochphase am Sonntag und Montag greift also am Dienstag ein neues Randtief in unser Wettergeschehen ein. Nach den heutigen Unterlagen rückt das Azorenhoch zur Wochenmitte etwas nach Osten, sodass sich mal eine kräftige Nordwestströmung einstellen dürfte:

Möglicher Rückseiten-Sturm von Mittwoch auf Donnerstag, 17./18.12.2014 mit starkem Nordföhn auf der Alpensüdseite

Möglicher Rückseiten-Sturm von Mittwoch auf Donnerstag, 17./18.12.2014 mit starkem Nordföhn auf der Alpensüdseite

In diesem Fall ist das Durchgreifen von Sturmböen bis in die Niederungen wahrscheinlicher und auf der Alpensüdseite kann es zu einem zweitägigen Nordföhnsturm kommen. Diese Prognose ist allerdings wie immer auf Wochenfrist hinaus als noch recht unsicher einzustufen.

Zum Schluss noch die Niederschlagssummenkarte bis in einer Woche. Sie zeigt, dass die Alpen nur mit wenig Schnee rechnen können. Hinsichtlich der Lawinengefahr ist es im Hochgebirge wohl besser, wenn die Portionen über einen längeren Zeitraum verteilt in kleineren Mengen fallen. Für die Lagen unter 1500 m sieht es allerdings wegen der immer wieder milden Phasen eher schlecht aus.

20141210-blog5

Die Nicht-Sturm-Vorschau 21.-27.11.2014

Föhnige Stimmungen über den Alpen werden uns auch in den nächsten Tagen erhalten bleiben.

Föhnige Stimmungen über den Alpen werden uns auch in den nächsten Tagen erhalten bleiben.

An dieser Stelle wollen wir ab sofort auch im Winterhalbjahr über interessante Wetterentwicklungen in unserer Umgebung informieren, analog zu den Gewittervorschauen im Sommer. Allerdings liegt das letzte flächendeckende Sturmereignis inzwischen genau einen Monat zurück. Seither sorgten nördlich des Alpenbogens nur noch lokale Föhnereignisse für etwas Action. Was ist der Grund für das Ausbleiben der Herbststürme und was dürfen wir in der mittelfristigen Zukunft erwarten?

Die Grosswetterlage ist seit einem Monat völlig festgefahren. Mit nur seltenen und sehr kurzen Unterbrechungen dominieren Luftströmungen aus dem Südsektor, was nicht zuletzt für die Rekordniederschläge an der Alpensüdseite verantwortlich war. Seit einigen Tagen war die Tendenz zu einer Ostströmung auszumachen, doch das dafür zuständige Hoch über Skandinavien zieht sich bereits wieder nach Süden zurück. Die Folge: Die Strömung im Alpenraum dreht erneut auf südliche Richtungen. Dem Vordringen kälterer Luftmassen aus nördlichen bis östlichen Regionen nach Mitteleuropa wird damit gleich wieder ein starker Riegel geschoben.

20141120-blog2Obige Karte zeigt die Temperaturverteilung in rund 1500 m Höhe am kommenden Sonntag. Man kann weit im Osten einen scheuen Versuch eines Kaltluftvorstosses erkennen, der jedoch in Richtung Südosteuropa zielt. Der westliche und zentrale Alpenraum bildet in der Südströmung und unter zusätzlichem Hochruckeinfluss quasi den Wärmepol Europas. Allerdings ist der Wind zu schwach, um bis in die Niederungen durchzugreifen und die Kaltluft auszuräumen, hier wird sich der Nebel in den dafür bekannten Regionen meist zäh halten.

Zu Beginn der kommenden Woche dreht die Höhenströmung im Zuge eines nordwestlich der Schweiz durchziehenden Randtiefs auf West und bringt kühlere Atlantikluft, wobei sich „kühler“ in Relation zur vorangehenden Luftmasse bezieht. Die Frischluft aus Westen ist gemessen am jahreszeitlichen Standard immer noch sehr mild, in den Niederungen dürfte sie durch das Ausräumen des Nebels sogar für eine Erwärmung sorgen (sogenannte maskierte Kaltfront, nach heutigem Stand irgendwann im Lauf des Mittwochs). Nach kurzem Zwischenhocheinfluss am Donnerstag soll sich danach – man ahnt es schon – die nächste Südlage einstellen. Aus Westen also nichts Neues?

Um die festgefahrene Situation zu verstehen, muss man das Gesamtsystem der nordhemisphärischen Zirkulation betrachten. Wir tun dies anhand einer Karte, welche von oben auf den Nordpol blickt. Europa befindet sich unten, Amerika links, Asien rechts:

20141120-blog3Dargestellt ist die Lufttemperatur und das Geopotenzial der 850-hPa-Druckfläche, die sich zwischen 1200 und 1600 m Höhe befindet. Dabei fällt auf, dass die grossen Kontinente bereits riesige Kältereservoirs ausgebildet haben. Die Kaltluftkörper bilden zwei Schwerpunkte über Sibirien und Nordamerika, so wie sich das im frühen Winterhalbjahr gehört (die noch nicht völlig zugefrorene Arktis gibt zwischen Skandinavien und Spitzbergen immer noch Wärme an die Atmosphäre ab). Interessant für uns ist vor allem der Kaltluftstrom, der von Kanada nach Osten auf den Nordatlantik geblasen wird und dort über dem relativ warmen Wasser die Tiefdruckbildung in den nächsten Tagen allmählich befeuert. Ebenfalls für uns von Bedeutung ist, dass sich das Azorenhoch derzeit etwas südwestlicher als üblich befindet. Damit kommt über dem Nordatlantik eine ordentliche Westdüse zustande, die jedoch im östlichen Teil, also noch bevor sie Europa erreicht, nach Süden ausbricht. Diese Tröge sind dafür verantwortlich, dass sich als Ausgleich auf deren Vorderseite immer wieder eine warme Südströmung nach Europa etablieren kann. Die nächste Karte soll dies verdeutlichen:

20141120-blog4Hier ist der prognostizierte mittlere Bodendruck (schwarze Isobaren) für den Donnerstag, 27.11.2014 des GFS-Ensembles dargestellt. Blaue bis grüne Flächen bezeichnen die Regionen, wo die Prognose als recht sicher gilt. Gelbe bis rote Flächen deuten auf Unsicherheiten hin, wobei diese im nordatlantischen Tiefdruckgürtel nicht etwa in Frage stellen, ob dort überhaupt Tiefdruckgebiete durchziehen, sondern lediglich zu welchem Zeitpunkt und wie stark diese sein werden.

Klar ist, dass der Westwind in der nächsten Woche stärker wird, er wird jedoch kaum etwas gegen den Hochdruckblock über Mittel- und Osteuropa ausrichten können. Der Westwindstrom wird vor den Küsten Europas zum Ausweichen in zwei Richtungen – nämlich nach Norden und Süden – gezwungen. Der Grund für das südliche Ausweichen in Richtung westliches Mittelmeer wurde bereits oben erwähnt und er ist die Wurzel des Übels der immer wiederkehrenden Südströmungen in Richtung Europa, wo die Warmluft das blockerende Hoch weiter stützt. Dieses wiederum sorgt dafür, dass uns der sibirische Kaltluftkörper bis auf Weiteres in Ruhe lässt.

Ein Wintereinbruch ist bei solcher Konstellation in weiter Ferne. Um noch etwas in die Glaskugel zu blicken: Ein Ausweg aus dieser festgefahrenen Situation hängt vom Verhalten des Azorenhochs ab. Erst wenn es sich nach Osten verschiebt und den Austrogungen der atlantischen Tiefs einen Riegel schiebt bzw. diese nach Mittel- und Osteuropa zwingt, kann die Luftströmung bei uns zwischenzeitlich auf Nordwest bis Nord drehen und zumindest den Bergen den erhofften Schneezuwachs bringen. Für die Niederungen würde dies etwa der Jahreszeit entsprechende Verhältnisse versprechen, mit anderen Worten: Es könnte mal kurz anzuckern. Die Modelle deuten so etwas für den Monatswechsel an, doch ist dies bei dieser Zeitspanne wie immer mit Vorsicht zu geniessen.

Analyse Sturmtief „Verena“ 13.08.2014

Analysekarte der Luftmassen mit eingezeichneten Fronten (rot = Warmfront, blau = Kaltfront, violett = Okklusion)

Analysekarte der Luftmassen mit eingezeichneten Fronten (rot = Warmfront, blau = Kaltfront, violett = Okklusion). In der Bodenkarte ist das Tief nur schwach angedeutet.

Es stellte so manchen Herbst- oder Wintersturm in den Schatten: Das auf den Wetterkarten auf den ersten Blick so unscheinbare Randtief „Verena“ wirbelte am Nachmittag des 13. August 2014 auf der Alpennordseite alles durcheinander, was nicht niet- und nagelfest war. Diese Analyse soll erklären, wie es einerseits zu einem solch starken Windereignis im Sommer ohne Einwirkung von Gewittern kommen konnte, und andererseits worin die Schwierigkeiten einer genauen Prognose lagen. Und er soll auch aufzeigen, dass der Kurzwetterbericht unter dem Radarloop von metradar wichtige Zusatzinformationen liefert, die nicht aus den Radarbildern heraus interpretiert werden können.

Die Möglichkeit eines kräftigen Randtiefs über dem südlichen Mitteleuropa zeigten die Wetterkarten bereits im Lauf des Sonntags, allerdings wurde hier das Hauptaugenmerk vorerst mal auf das zu erwartende Starkregen-Ereignis gelenkt. Am Montagmorgen wurde die Diskussion um einen möglichen Sturm erstmals im Sturmforum aufgegriffen. Zu diesem Zeitpunkt zeigte das amerikanische Modell GFS das Sturmfeld in rund 1500 m mit einem maximalen Mittelwind von etwa 105 km/h (= 11 Beaufort) knapp nördlich der Schweiz:

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Im Lauf des Dienstags kam die Diskussion auf, ob der Regen die Atmosphäre nicht zu sehr stabilisieren würde und der starke Wind aus höheren Lagen nicht bis in die Niederungen durchzudringen vermag. Die Karten zeigten aber auch ein regional begrenztes labiles Feld hinter der Kaltfront knapp nördlich der Schweiz, hervorgerufen durch die Höhenkaltluft im Kern des Höhentiefs. Am späten Dienstagabend wies daher metradar im Unwetterbericht nebst der Starkregengefahr in der Südosthälfte der Schweiz auch auf mögliche Sturmböen in der Nordschweiz für Mittwochnachmittag hin.

Am Mittwochmorgen zeigte die Windkarte von GFS für das Sturmfeld in 1500 m Höhe nur noch rund 80 km/h (= 9 Beaufort an), worauf entschieden wurde, die am Vorabend getroffene Unwetterwarnung mit einem mässigen und regional begrenzten Windereignis so zu belassen:

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Aller Augen waren immer noch auf den Starkregen im Süden und Südosten der Schweiz gerichtet, der Wind wurde – wenn überhaupt – in den meisten Wetterberichten nur am Rande erwähnt. Welche Faktoren waren für die unsichere Prognose ausschlaggebend?

– Kleinräumigkeit des Randtiefs
– Unsichere Zugbahn und -geschwindigkeit des Tiefs
– saisonale Aussergewöhnlichkeit des Ereignisses, daraus folgend mangelnde Erfahrung
– zu starke Gewichtung der Stabilisierung durch den Regen

Das Tief über Frankreich zeigte im Satellitenbild bereits im Lauf des Vormittags Strukturen, die erfahrene Meteorologen wachsam werden lassen. Auf der Rückseite der Kaltfront (im folgenden Bild an der Linie über der Westschweiz erkennbar) schob sich allmählich eine trockene Zunge von Süden her ins Zentrum des Tiefs. Diese so genannte „Dry Intrusion“ wird durch Absinken der Luft hinter der Front verursacht. Damit wird sehr trockene Stratosphärenluft in tiefere Schichten heruntergmischt und löst die Wolken auf. Das Absinken dieser trockenen und kalten Luftmassen löst einen starken Druckanstieg am Boden aus – mitunter stärker, als von den Modellen berechnet.

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Mit den 06z-Karten von GFS wurde die Labilität auf der Rückseite der Kaltfront nun stärker gerechnet, was ebenfalls für eine bessere Durchmischung des Höhenwindes bis zum Boden spricht:

Der KO-Index ist ein Indikator für Labilität (blaue Felder = stabile Schichtung, grüne Felder = labile Schichtung)

Der KO-Index ist ein Indikator für Labilität (blaue Felder = stabile Schichtung, grüne Felder = labile Schichtung)

fotometeo.ch setzte daher kurz vor Mittag auf seiner Facebook-Seite eine Warnung vor schweren Sturmböen (= min. 90 km/h) in exponierten Lagen ab. Die Sturmwarnung im Unwetterbericht von metradar wurde auf die gesamte Alpennordseite ausgedehnt und das Mittelland speziell erwähnt, als sich in der Westschweiz die ersten Böen von 60 bis 75 km/h bemerkbar machten. Im Lauf des Nachmittags zog die Böenfront, eng gekoppelt an die sonnige Phase, von West nach Ost durch das gesamte Mittelland. Die stärkste Böe im Flachland wurde in Grenchen mit 96 km/h gemessen, auf den Gipfeln der Voralpen und den höheren Lagen des Mittellands lagen die Spitzenböen zwischen 100 und 121 km/h. Eine Übersichtskarte der Böenspitzen findet man hier: klickmich

Welche Faktoren waren für ein stärkeres Ereignis als vorhergesehen verantwortlich?

– leicht südlichere Zugbahn des Tiefs und somit Verlagerung des Sturmfelds ins Mittelland
– Dry Intrusion, stärkerer Druckanstieg rückseitig der Kaltfront
– jahreszeitlich bedingt starke Sonneneinstrahlung hinter der Kaltfront und somit stärkere Labilisierung der Luftschichtung, dadurch volles Heruntermischen des Höhenwindes bis zum Boden
– Kanalisierung des Südwestwinds am Jurasüdfuss

Ebenfalls stellt sich die Frage, wieso sich die Böenfront in der Ostschweiz abschwächte und Sturmböen nur noch an stark exponierten Stationen registriert wurden:

– Verlagerung des Tiefzentrums nach Nordosten und somit mehr Abstand zu den Alpen
– wegfallender Kanalisierungseffekt, das Windfeld fächert in der Bodenseeregion auf
– tageszeitlicher Faktor: keine starke Sonneneinstrahlung mehr am Abend, Stabilisierung der Luftschichtung, schlechtere Durchmischung

Zum Schluss noch zwei Analysekarten zum Zeitpunkt Mittwoch 18z zum Vergleich mit den weiter oben gezeigten Prognosekarten:

Analyse des Windfelds in rund 1500 m Höhe: Das Feld mit 10 Beaufort (um 90 km/h) ragt bis in die Nordschweiz

Analyse des Windfelds in rund 1500 m Höhe: Das Feld mit 10 Beaufort (um 90 km/h) ragt bis in die Nordschweiz

Analyse des KO-Index am frühen Nachmittag: Stärkere Labilität und grössere Ausdehnung der labilen Fläche (grün) als prognostiziert

Analyse des KO-Index am frühen Nachmittag: Stärkere Labilität und grössere Ausdehnung der labilen Fläche (grün) als prognostiziert

Gewittervorschau 08.-14.08.2014

Von solchen hochsommerlichen Bildern gilt es, sich zu verabschieden.

Von solchen hochsommerlichen Bildern gilt es, sich zu verabschieden.

Ist die Meldung, dass sich in den nächsten Tagen die Grosswetterlage in Europa grundlegend ändert, nun eine gute oder eine schlechte? Die einen mögen froh sein, dass die ewige Abtropfgeschichte mit über Mitteleuropa herumirrenden Tiefs endlich ein Ende hat, die andern mögen bedauern, dass sich mit der aufkommenden strammen Westströmung der Hochsommer verabschiedet, bevor er überhaupt beginnen konnte. Mit den mitgeschleppten Luftmassen des ehemaligen Hurrikans „Bertha“ dürfte sich die letzte potenzielle Schwergewitterlage dieser Saison an diesem Wochenende einstellen. Was darauf folgt, sieht eher nach Frühherbst aus und bis das Strömungsmuster danach irgendwann wieder subtropische Luft in den Alpenraum bringt, ist die Jahreszeit wahrscheinlich bereits derart weit fortgeschritten, dass für ein spektakuläres Himmelsfeuerwerk schon sehr viel zusammenpassen muss.

Heute Freitag ist zwar viel Feuchtigkeit vorhanden, wie sich anhand der hochnebelartigen Wolken des Vormittags zweifellos feststellen lässt. Mit der kräftigen Sonneneinstrahlung am Nachmittag wird die Auslösetemperatur mühelos erreicht, doch verzögert ein starker Deckel mit einer trockenen Schicht zwischen 4000 und 5000 m die Entwicklung von Gewitterzellen am Nachmittag. Erst am Abend wird dieses Hindernis mit dem anziehenden Südwestwind in der Höhe beseitigt, und dann wird es interessant. Reichen die Hebungsantriebe bei tiefem Sonnenstand bzw. nach Sonnenuntergang aus, um Gewitter auszulösen? Wo dies geschieht, können sich durchaus noch vereinzelt kräftige Zellen entwickeln. Am ehesten ist dies am Jura und in den westlichen Voralpen zu erwarten. Nach Osten hin bleibt der Deckel mit zunehmendem Föhneinfluss wahrscheinlich zu stark. Wir wissen aber aus diesem Sommer, dass die Modelle lokale Feuchtenester häufig unterschätzen und überraschende Entwicklungen nie ganz auszuschliessen sind.

In der Nacht zum Samstag erreichen die Reste eines Gewitterclusters aus den Pyrenäen und Zentralfrankreich die Westschweiz, und mit Sonnenaufgang wird die Schichtung weiter labilisiert, sodass sich am Vormittag verbreitet Schauer und Gewitter bilden können. Tagsüber schleift in der Südwestströmung eine wenig ausgeprägte Kaltfront über uns hinweg. Sie wird am Abend mit Winddrehung auf Süd wahrscheinlich nach Norden zurückgedrängt, was die Chancen auf einen trockenen Abend verbessert. Allerdings gilt es allfällige Gewittercluster in Südfrankreich im Auge zu behalten. Einige Modelle lassen einen grösseren Cluster in den späten Abendstunden und in der Nacht in die Schweiz ziehen. Wie stark dieser noch sein wird und wo er genau durchzieht, lässt sich erst kurzfristig beurteilen.

Luftmassenverteilung mit Lage der Front am Samstag. Spannend wird, wie sich das Hitzetief über Südfrankreich am Abend entwickeln wird.

Luftmassenverteilung mit Lage der Front am Samstag. Spannend wird, wie sich das Hitzetief über Südfrankreich am Abend entwickeln wird.

Am Sonntag kommen die sehr energiereichen Luftmassen von Ex-Bertha ins Spiel, allerdings hat auch der Föhn noch ein Wörtchen mitzureden. Die Modelle berechnen die Auswirkungen dieser delikaten Mischung unterschiedlich. Es ist damit zu rechnen, dass der Föhn die Gewitterentwicklung längere Zeit unterdrückt, dass aber dort, wo der Deckel durchbrochen wird, durchaus heftige Zellen entstehen. Am ehesten dürften diese von den westlichen Voralpen ausgehend ins Mittelland hinaus ziehen, und wie immer bei solchen Lagen ist auch die Jura-Schwarzwald-Achse betroffen.

Am Montag legt sich eine markante Kaltfront an die Alpen. Die bodennah einfliessende Kaltluft dürfte die Schichtung auf der Alpennordseite bereits stabilisieren, während in den Alpen noch mit kräftigem, teils gewittrig durchsetztem Regen zu rechnen ist.

In der weiteren Folge bildet der Alpenbogen in der Westströmung die Grenze zwischen kühler Atlantikluft im Norden und feucht-warmer Mittelmeerluft im Süden. Die rasche Abfolge von Randtrögen und schwachen Zwischenhochs wird für wechselhaftes Wetter sorgen, wobei die Gewittergefahr im Norden gering ist, Schauer im Mittelland und länger anhaltender Regen am Alpennordhang sind aber zu erwarten. Gewittrige Entwicklungen beschränken sich auf die Alpensüdseite.

Luftmassenverteilung zur Wochenmitte. Die Alpen bilden die Grenze zwischen kühler Luft im Norden und warm-feuchter Luft im Süden

Luftmassenverteilung zur Wochenmitte. Die Alpen bilden die Grenze zwischen kühler Luft im Norden und warm-feuchter Luft im Süden

Mit dem Ende des Hochsommers endet auch der Bedarf einer wöchentlichen Gewittervorschau. Diese erscheint somit nur noch, wenn sich eine interessante Lage ankündigt.

Gewittervorschau 01.-07.08.2014

Für Liebhaber spektakulärer Nachtgewitter ist weiterhin Geduld angesagt

Für Liebhaber spektakulärer Nachtgewitter ist weiterhin Geduld angesagt: „Verwaschene“ Blitzkanäle sind eher die Regel als die Ausnahme

Eines muss man dem Hochsommer 2014 lassen: Er ist extrem beständig. Also beständig unbeständig. Ein sicherer Wert ist das blockierende Hoch über Nordosteuropa, es garantiert recht zuverlässige Austrogungsprozesse von den Britischen Inseln in Richtung Westeuropa und Alpen. Da macht auch die nächste Woche keine Ausnahme, und im Glaskugelbereich der Wettermodelle ist bereits der übernächste um den 11. August angedeutet. Aber schön der Reihe nach…

Am Bundesfeiertag beschäftigt uns ein in die Südwestströmung eingebettetes kleines Höhentröglein. Es hat bereits in der Nacht auf der Alpensüdseite einen Gewittercluster entstehen lassen, der nun nordostwärts über die Südostschweiz zieht. Am Nachmittag ist auch in den übrigen Bergregionen mit einigen Schauern und Gewittern zu rechnen, dabei sollten die Zellen aber relativ kurzlebig und nicht von besonderer Heftigkeit sein. Mit Sonnenuntergang fallen sie in sich zusammen, sodass die Feierlichkeiten zum Geburtstag unseres Landes vielerorts trocken über die Bühne gehen können.

Am Samstag dreht der Höhenwind auf Süd und es wird leicht föhnig. Die Strömung ist allerdings nicht stark, sodass bremsende Einflüsse des Föhns auf die Gewitterentwicklung nur bedingt greifen. In Lauf des Nachmittags zieht von Westen her eine Kaltfront in die Schweiz, der Temperaturunterschied der Luftmassen ist mit nur 4 bis 5 Grad jedoch eher schwach ausgeprägt. Auch bleibt die Höhenkaltluft über Frankreich stehen, alles Faktoren, die auf ein eher mässiges Ereignis schliessen lassen. Allerdings deuten einige Modelle die Entwicklung eines Randtroges in mittleren Höhen genau über der Schweiz an, daher werden für die Abendstunden sehr ergiebige Niederschläge ausgegeben. Die Hauptgefahr geht also einmal mehr von Starkregen aus, während sich Hagel und Sturmböen in Grenzen halten sollten.

Luftmassenverteilung und Lage der Kaltfront am Samstagnachmittag. Die Druckverteilung (Hoch im Süden, Tief im Norden) deutet eine schwache Föhnlage an

Luftmassenverteilung und Lage der Kaltfront am Samstagnachmittag. Die Druckverteilung (Hoch im Süden, Tief im Norden) deutet eine schwache Föhnlage an

Am Sonntag zieht die Front nach Osten weiter und der Bodendruck steigt, die feuchte Luft wird jedoch aufgrund der nur schwachen, auf Südwest bis West drehenden Höhenströmung nur langsam ausgeräumt. Mit der Wetterbesserung wird es also insbesondere am zentralen und östlichen Alpennordhang eine zähe Angelegenheit, während im Jura und Mittelland tagesgangbedingt noch der eine oder andere gewittrige Schauer auftreten kann. Zum Abend hin sollte sich die Lage aber allmählich beruhigen.

Der Montag wird unter Zwischenhocheinfluss relativ ruhig, einige Wärmegewitter in den Bergen gehören allerdings in der immer noch recht feuchten Südwestströmung dazu. Am stärksten anspringen dürfte dabei die Juraschiene, für Details ist es drei Tage im voraus aber noch zu früh.

Am Dienstag und Mittwoch kommen wir dann wieder zum Programm, das uns aus diesem Hochsommer bereits bestens vertraut ist: Der westeuropäische Trog weiss aufgrund des Hochdruckblocks im Nordosten nicht so recht wohin des Wegs, also stösst er am besten mal seinen südlichsten Teil ab. Die Modelle rechnen den Abtropfprozess recht unterschiedlich: Während er bei GFS nur für geübte Augen zu finden ist, tritt er bei EZ und GEM deutlicher auf. Die Folgen sind bekannt: Ergiebiger, teils gewittriger Dauerregen irgendwo im Alpenraum, dessen regionaler Schwerpunkt erst kurzfristig prognostizierbar ist und wie immer Überraschungspotenzial birgt. Hinsichtlich neuer Hochwasser- und Erdrutschgefahr ist die Lage jedenfalls einmal mehr mit Argusaugen zu beobachten.

Abschnürungsprozess am Mittwoch: Die weissen Linien zeigen den mittleren Wert des Höhendrucks, die hellblauen Flächen den Unsicherheitsbereich. Noch ist also nicht klar, ob der CutOff eher über den West- oder Ostalpen erfolgt.

EZ-Ensemble zum Abschnürungsprozess am Mittwoch: Die weissen Linien zeigen den mittleren Wert des Höhendrucks, die hellblauen Flächen den Unsicherheitsbereich. Noch ist also nicht klar, ob der CutOff eher über den West- oder Ostalpen erfolgt. Auch bezüglich der Lage des steuernden Tiefs zwischen Island und den Britischen Inseln gibt es noch Unsicherheiten (grüne Fläche).

Gewittervorschau 25.-31.07.2014

Obacht! Ein kritisch-kontrollierender Blick zum Himmel wird auch in den nächsten Tagen nicht schaden

Obacht! Ein kritisch-kontrollierender Blick nach oben wird auch in den nächsten Tagen nicht schaden

Auch in dieser Woche stellt sich wieder die Frage, ob wir mit diesem Sommer noch mal glücklich werden. Grund für das unbeständige Wetter in den letzten Wochen war das blockierende Hoch über Skandinavien, das es kleinen, aber wirkungsvollen Tiefs erlaubte, völlig abgekoppelt vom kaum noch existenten Westwindgürtel über Mitteleuropa herumzueiern. Nun verlagert sich das Hoch zwar etwas nach Südosten, wird aber für uns nach wie vor nicht in positivem Sinne wetterbestimmend. Denn zwischen ihm und dem schwächelnden Azorenhoch tropft es nach wie vor wie ein undichter Wasserhahn: Der nächste Trog mit Abschnürungstendenzen erreicht uns in der ersten Wochenhälfte. Damit geht die Geschichte von vorne los…

Den heutigen Freitag sollte man als „Verschnauftag“ nutzen. Sei es, um die Unwetterschäden der letzten Tage notdürftig zu beheben, oder seiner Seele im Freien etwas Gutes zu tun. Die Gewittergefahr ist nur punktuell vorhanden und beschränkt sich weitgehend auf die Berg- und Hügelzone. Vom Jura her können in der westlichen Höhenströmung einzelne Gewitter ins Mittelland ziehen, wo ihnen aber mangels Hebungsantrieb rasch der Schnauf ausgeht. Die Beruhigung am Abend ist nur von kurzer Dauer, denn von den Pyrenäen her wird die Luft bereits in der Nacht angefeuchtet, und von Nordwesten her nähert sich der Rest des äusserst zähen CutOff-Tiefs, das uns am vergangenen Montag beglückte und nach seiner Irrfahrt über Adria, Osteuropa, Norddeutschland und die BeNeLux-Staaten nun zurück zu uns findet.

Rückkehr eines alten Bekannten: Das CutOff-Tief lebt bereits seit einer Woche und überquert uns am Samstag ein zweites Mal aus Nordwesten

Rückkehr eines alten Bekannten: Das CutOff-Tief lebt bereits seit einer Woche und überquert uns am Samstag ein zweites Mal aus Nordwesten

Das Tief bewirkt eine Labilisierung auf zweierlei Weise: Einerseits bringt es aus Nordwesten Höhenkaltluft mit, andererseits wird mit der bodennahen Strömung aus Südwest warm-feuchte Luft zu uns geführt. Diese Mischung legt schon mal die Grundlage für Gewitterbildungen am Samstag fest. Da keine Front involviert ist, kann man von priorisierter Auslöse über den Bergen rechnen, wäre da nicht noch eine Konvergenz zwischen östlicher und westlicher Anströmung irgendwo nördlich der Alpen. Wo also genau der Schwerpunkt der Gewittertätigkeit mit Clusterbildung liegen wird, ist noch sehr unsicher. Die Karten von Freitagmorgen gehen davon aus, dass sie eher knapp östlich der Schweiz zu liegen kommt. Ein zweiter Schwerpunkt am Jura und in den Westalpen dürfte eher den Staueffekten der westlichen Anströmung geschuldet sein. Trifft dieses Szenario genau so ein, könnte ein Grossteil der Schweiz in die Subsidenzzone dieser zwei Systeme zu liegen kommen, denn die in den Gewitterzonen in die Höhe gerissene Luft muss irgendwo auch wieder absinken und unterdrückt dort die Entwicklung neuer Gewitter. Die geographische und zeitliche Verteilung dieser Zonen kann allerdings immer erst kurzfristig vorhergesagt werden, wenn die Sache erst mal in Gang kommt.

Strömungsverhältnisse in rund 1500 m Höhe am Samstagnachmittag. Eine West- und eine Ostströmung treffen irgendwo an der Alpennordseite aufeinander

Strömungsverhältnisse in rund 1500 m Höhe am Samstagnachmittag. Eine West- und eine Ostströmung treffen irgendwo an der Alpennordseite aufeinander

Am Sonntag zieht das alte Tief unter Auffüllung ein weiteres Mal zur Adria, während sich das nächste bereits über den Britischen Inseln formiert. Zwischen diesen beiden gerät der Alpenraum unter Zwischenhocheinfluss. Die Gewitterneigung wird unterdrückt, sodass man in weiten Teilen der Schweiz einen sonnigen Sommertag geniessen kann. Lokale Gewitter beschränken sich auf die Berge, etwas gehäufter treten sie am ehesten in der Südostschweiz auf.

Von Montag bis Mittwoch liegen wir im Einflussbereich des neuen Tiefs, das nach aktueller Kartenlage einen ähnlichen Weg einschlägt wie sein Vorgänger vor einer Woche: Über Frankreich, dann knapp südlich der Alpen vorbei in Richtung Adria. Der einzige Unterschied besteht darin, dass es deutlich kühlere Luftmassen in seinem Schlepptau hat und somit die Luftmassengrenze sehr ausgeprägt wird, ähnlich dem Fall von Anfang Juli. Nach einem gewitterträchtigen Montag mit Unwetterpotenzial, dessen genauer Ablauf allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beschrieben werden kann, gerät die Alpennordseite am Dienstag und Mittwoch in den Einflussbereich der bodennahen Kaltluft, während in der Höhe immer noch feucht-warme Mittelmeerluft von Süden über die Alpen strömt. Die Zutaten für teils ergiebigen Dauerregen sind jedenfalls gegeben und müssen im Hinblick auf erneute Hochwassergefahr im Auge behalten werden.

Vertrautes Bild in diesem Sommer: Ein neues Tief tropft über Frankreich ab und zieht über die Alpen hinweg nach Südosten

Vertrautes Bild in diesem Sommer: Ein neues Höhentief tropft über Frankreich ab und zieht über die Alpen hinweg nach Südosten

Am Donnerstag soll das Tief nach Südosten abziehen und einem Hochdruckkeil von Westen her Platz machen, womit eine allmähliche Stabilisierung in Gang käme. Ob es sich allerdings an den Fahrplan hält, bleibt abzuwarten…