Der Juli 2015 hätte sich damit begnügen können, als heissester Monat seit Beginn der modernen Wetteraufzeichnungen in die Geschichte einzugehen. Dies alleine scheint ihm allerdings nicht genug zu sein. Er besinnt sich auf die Siebenschläfer-Regel, wonach dieser Hochsommer zwei Optionen bot: Hitze- oder Achterbahnsommer. Doch warum sich auf eine Variante beschränken, wenn man gleich beides haben kann? Variante eins hatten wir genau die erste Hälfte der sprichwörtlichen sieben Wochen, nun folgt Variante zwei. Also schon mal einen ersten Herbstgruss in Form von ein paar netten Sturmtiefs vorbeischicken und am einen oder anderen Morgen die Frühtemperaturen so richtig in den Keller rasseln lassen, Bodenfrost in höher gelegenen Muldenlagen inklusive. Wenn schon Extrem-Monat, dann aber bitte in beide Richtungen!
Am Freitag lagern im Alpenraum noch die Reste der vergangenen Hitzewelle. Mit der Annäherung eines scharfen Troges aus Westen steilt die Höhenströmung vorderseitig noch mal auf südliche Richtungen auf. Das Muster entspricht kurzzeitig einer winkelförmigen Westlage, wonach eine Westströmung durch ein blockierendes Hoch im Osten über Mitteleuropa zu einem scharfen Knick nach Norden gezwungen wird.
Die Westströmung ist allerdings so stark, dass sie das Hoch abzudrängen vermag und der „Winkel“ bis zum Montag in die Ukraine verschoben wird. Wir gelangen somit vorübergehend in eine zyklonale Westlage, die jedem Herbstmonat gut anstehen würde. Die Folge ist eine sehr wechselhafte Woche mit allen Facetten, die mitteleuropäisches Klima bieten kann.
In der schwül-heissen Luftmasse bilden sich am Freitagnachmittag entlang des gesamten Alpennordhangs Gewitterzellen, die sich in der südlichen Strömung von der Voralpenschiene lösen und ins höhere Mittelland ziehen. Über dem Jura sind die Signale deutlich schwächer, ein paar kurzlebige Einzelzellen sind aber auch hier nicht ganz auszuschliessen. Nebst Überflutungsgefahr ist auch mit örtlich mässig grossem Hagel zu rechnen, grosse Clusterbildung mit Sturmböen auf breiter Front (Outflow ins Mittelland) ist ebenfalls möglich. Neuauslöse über dem Mittelland ist in dieser ersten Phase des Nachmittags und am frühen Abend am ehesten dann zu erwarten, wenn gleichzeitig auch der Jura und der Schwarzwald aktiv werden sollten und die Outflows der beiden Systeme aufeinander treffen könnten, die Wahrscheinlichkeit dafür wird aber als eher gering eingeschätzt.
Am späteren Abend tritt ein neuer Spieler auf den Plan: Eine von Westen heranrückende Kaltfront löst in den Westalpen und im Jura neue Gewitter aus. Denkbar ist auch eine langgezogene, aber schmale Gewitterfront, welche in der Nacht die Schweiz von West nach Ost überquert. Mit dem markant anziehenden Höhenwind werden diese Gewitter sehr schnell (bis zu 70 km/h) ziehen und daher nur wenig Regen zurücklassen. Von einer durchs Mittelland ziehenden und in die Alpentäler drückenden Böenfront dürfte die Hauptgefahr ausgehen. Entscheidend für die Stärke der Sturmböen wird sein, ob die Gewitter vom Nachmittag bereits einen stabilisierenden ColdPool hinterlassen oder ob die Kaltfront noch „freies Terrain“ vorfindet.
Wie obige Karte zeigt, ist der Unterschied der Luftmassen an der Kaltfront markant. Rückseitig fliesst trockenere und wesentlich kühlere Luft ein, sodass die Schauerneigung am Samstag rasch zurückgeht und sich nur noch im Nordstau der Alpen Reste ausregnen. Die Gewitteraktivität beschränkt sich dann auf die Alpensüdseite und das Engadin. Man muss allerdings infolge des starken Druckanstiegs aus Westen und zunehmender Besonnung davon ausgehen, dass der stürmische Höhenwind böig ins Flachland heruntergemischt wird und an exponierten Stellen 70 km/h erreicht. Ein Sturm mit für die Jahreszeit ungewöhnlicher Stärke „beglückt“ hingegen die Nordseeurlauber.
Ein Zwischenhoch sorgt dafür, dass der Wind in der Nacht abflaut und sich die Temperatur unter klarem Himmel in einen Bereich bewegt, der dem Begriff „Morgenfrische“ nach längerer Zeit wieder mal gerecht wird. Viel Sonnenschein und wenig Wind versprechen bei angenehmen Temperaturen einen perfekten Sonntag für jegliche Aktivitäten im Freien. Am Abend verschwindet die Sonne hinter den Wolken einer aufziehenden Warmfront des nächsten Tiefs.
Der Montag steht wiederum im Zeichen einer raschen Abfolge von Warm- und Kaltfront, allerdings nur mit mässiger Niederschlagsausbeute. Hauptthema wird einmal mehr der Wind, die Stärken vom Samstag dürften allerdings nicht ganz erreicht werden. Der eine oder andere Schauer kann elektrisch werden, insbesondere in den Alpen und in Richtung Süden, wo sich die Warmluft nur schwer verdrängen lässt.
Der Dienstag verspricht einen ähnlichen Wetterablauf wie der Sonntag, am Morgen kann also der letzte verbliebene Rest der Hitzwelle aus den Häusern vertrieben werden. Wie rasch die Höhenströmung in der Folge auf Südwest zurückdreht und wieder wärmere und allmählich schwülere Luft bringt, ist noch nicht ganz gesichert. Am Mittwoch sollte sich die Gewitterneigung vorerst noch auf die Alpen beschränken, für den Donnerstag zeichnet sich wieder etwas mehr Action ab.