Bodenfrost im Jura und Radar-Clutter

Radarloop "Donnerradar"

Radarbild "Winterradar", Quelle: meteoradar

 

Im nebelfreien Jura sinken die Bodentemperaturen derzeit in den Keller. -3.0 Grad um 18 Uhr in La Chaux de Fonds, immerhin 6.5 Grad unter der Lufttemperatur auf 2m Höhe. Da andererseits im Jura lokal begrenzte Radarsignale auftreten, wird in unserem Produkt Winterradar mit brauner Farbe auf die Gefahr von vereisendem Regen hingewiesen. Das ist natürlich Unsinn. Aber wie kommen die Radarechos bei der aktuellen, niederschlagsfreien Wetterlage zustande?

Der Grund hierfür ist die Temperaturinversion auf der Höhe des über dem Mittelland liegenden Hochnebels. In dieser Inversionsschicht wird der Radarstrahl stärker gekrümmt als sonst und kann dadurch auf den Boden auftreffen, was er sonst nicht tut. Man spricht von „anomalous propagation“ oder kurz „ANAPROP“.  Mehr dazu in einem späteren Beitrag.

Artefakt Albis Radar am 11.11.11

Störungsbild vom 11.11.2011, 02:45 Uhr (Quelle: meteoradar)

Störungsbild vom 11.11.2011, 02:45 Uhr (Quelle: meteoradar/MeteoSchweiz)

Pünktlich zur aktuellen Datum-Schnapszahl lief der Albis Radar Amok. Von frühmorgens halb drei bis kurz vor 7 Uhr wurden Bilder wie im Beispiel angezeigt. Das Radarecho erreichte lokal die Stärke eines Hagelwetters. Dementsprechend sind auch abgeleitete Produkte und Dienste wie Regensummenkarten, Hagelkarten oder automatische Warnsysteme betroffen.

Wie konnte ein solcher Artefakt auftreten? Der Fehler ist mit Sicherheit in einer defekten Hardware-Komponente des Radars zu suchen. Als Folge davon verlor der Radar seine Fähigkeit, „echte“ atmosphärische Signale vom sog. Hintergrundrauschen zu trennen. Man kann dies vielleicht mit einem HIFI-Radiogerät vergleichen, welches aufgrund eines Defektes zu einem rauschenden und knackenden Kurzwellenradio mutiert. Zum Glück sind solche Defekte selten. Mit zunehmenden Alter eines Radargerätes kann natürlich das Risiko für solche Defekte ansteigen. Die MeteoSchweiz wird den in die Jahre gekommenen Albis Radar im nächsten Frühjahr durch ein neues Gerät ersetzen.

Im aktuellen Fall dürften nur die wenigsten User den Artefakt mitbekommen haben. Nebst der Tageszeit hat dazu auch das aktuell wenig spannende Radar-Wetter beigetragen. Es ist trotzdem gut zu wissen, dass Defekte in der Hardware eines Radars durchaus zu fehlerhaften Signalen mit entspr. Auswirkungen auf radarabhängige Produkte führen können.

Dimmerföhn am 5. November 2011

Föhnfische am 5.11.2011 (Bild: Willi Schmid)

Föhnfische am 5.11.2011 (Bild: Willi Schmid)

Die aussergewöhnlich lange anhaltende Föhnlage vom 3. bis 6. November hielt eine grössere Palette an Lehrstücken bereit. Die wechselnden Luftmassen und sich ändernde Höhenströmungen sorgten dafür, dass an den verschiedenen Tagen mehrere Spezialfälle des Föhns zu beobachten waren. Wir picken uns einen heraus, der sich in der Nacht und daher fast unbeobachtet abspielte: den Dimmerföhn.

Die Bezeichnung Dimmerföhn ist vom Wort Dämmerung abgeleitet und beschreibt jenen Spezialfall des Föhns, wenn in den typischen Föhntälern der Nordalpen mit kräftigem Südwind nicht klarer, trockener Föhn auftritt, sondern diesiges, oft sogar nasses Wetter. Damit Dimmerföhn auftreten kann, sind folgende Faktoren Voraussetzung: Die Luftmasse aus Süden muss hochreichend feuchtgesättigt sein und es braucht eine starke Strömung in den höheren Luftschichten, welche diese feuchte Luft über den Alpenhauptkamm in den Norden verfrachten kann. Je nach Ausprägung dieser beiden Faktoren kann so der Regen von Süden her weit in die Föhntäler des Nordens hinaus übergreifen.

In der Nacht auf Samstag, den 5. November 2011 waren diese Voraussetzungen für ein paar Stunden gegeben. In rund 5000 m Höhe wehte der Südwind mit durchschnittlich 100 km/h, und die Regenwolken reichten bis in knapp 7 km Höhe. Kein Problem also für den Regen, die Barriere des Alpenhauptkamms zu überwinden. Der Regen reichte zeitweise bis ins untere Haslital und im Urner Reusstal bis nach Altdorf. In Wassen fielen zwischen Freitag 18:00 Uhr bis Samstag 06:00 Uhr 18 mm, in Disentis sogar 28 mm Regen. Das ist immerhin halb so viel, wie in der selben Zeit die Stationen im Nordtessin registrierten. Im Lauf des Samstags liess zunächst der Höhenwind nach, danach drehte er langsam auf Südost und zuletzt nahm der Feuchtegehalt der Luftmasse ab. Das kann in dieser Reihenfolge sehr schön anhand des Radarfilms vom Samstag nachvollzogen werden:

 

Radarfilm vom 05.11.2011 (Quelle: meteoradar)

Radarfilm vom 05.11.2011 (Quelle: meteoradar)