Verbesserte Messqualität des Albis-Radars

Die über 8 Bodenstationen gemittelten Tagessummen des Niederschlages, im Vergleich mit dem Albis Radar.

Nach dem Freischalten des neuen Albis-Radars ca. Mitte Juni 2012 wurde rasch klar, dass die vom neuen Radar angezeigte Regenintensität die effektiv am Boden registrierte Regenintensität markant unterschätzte. Dies wurde von diversen Anwendern bemängelt, unter anderem gab der Fehler Anlass zu einem kritischen Eintrag in diesem Wetterblog:
http://www.meteoradar.ch/wetterblog/2012/07/04/zeigt-der-neue-albis-radar-zu-wenig-niederschlag-an“
Die MeteoSchweiz reagierte am 18. Juli mit einer kurzen Mitteilung, in welcher über ein erstes „Tuning“ am Radar informiert wurde. Es wurde bei den nachfolgenden Niederschlägen rasch klar, dass der Fehler in der Tat auf ein unauffälliges Mass reduziert worden ist. Das Ende des meteorologischen Sommers 2012 (dieser dauert definitionsgemäss bis Ende August) nehmen wir zum Anlass für einen weiteren statistisch robusten Vergleich der Radarmessdaten mit den Daten von 8 Bodenstationen in der Umgebung des Albis-Radars. Die Auswertung belegt nun eine sehr gute Messqualität, was die Erfassung der Regenintensität durch den Albis-Radar angeht.

Die neue Auswertung folgt dem gleichen Schema, welches im oben zitierten Blog beschrieben wurde. Wir beschränken uns auf eine Auswhl von 10 Tagen (in der Periode 18.7. – 1.9.2012), an welchen flächige Niederschläge gegenüber lokal begrenzten Gewitterzellen dominieren. So können wir grobe Fehler bei der Zuordnung der Radarmessdaten zu den Werten der Bodenstationen vermeiden. Diese Fehler entstehen z.B. durch Windtransporte des Niederschlages, welche sich bei grossen kleinräumigen Variationen der Niederschlagsstärke besonders bemerkbar machen.

Die beigefügte Grafik zeigt die Resultate der Auswertung. Einige Auswertedaten sind in die Grafik eingefügt. Der Albis-Radar unterschätzt nun den effektiv gefallenen Niederschlag noch um etwa 15 Prozent. Die Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Abweichung von mehr als 50 Prozent ist augenfällig. Der verbleibende Fehler ist im Rahmen des bei den anderen Radars festgestellten Fehlers (siehe den zitierten Blogeintrag). Es wäre vermessern, eine noch höhere Präzision zu fordern. Wir sind gespannt, wie stabil dieses Resultat in der Zukunft bleibt.

Die berechnete Korrelation zwischen den Radar- und Bodenwerten von 0.98 kann als geradezu hervorragend bezeichnet werden (der Idealwert wäre 1.0). Es ist anzumerken, dass die Korrelation auf einen Mittelwert der 8 Bodenstationen Bezug nimmt. Ein Blick auf die Daten der einzelnen Stationen zeigt naturgemäss grössere Schwankungen. Wir werden auf diese Schwankungen in einem weiteren Blog eingehen.

Wir sind sehr froh, dass die MeteoSchweiz den offensichtlichen Fehler des Albis-Radars rasch korrigiert hat. Nach wie vor unbefriedigend ist aus unserer Sicht die Radaranzeige im Bereich der Hagelstärke. Wir sind aber zuversichtlich, dass im Hinblick auf die nächste Sommersaison auch in diesem Bereich eine Verbesserung erzielt werden kann.

Zeigt der neue Albis-Radar zu wenig Niederschlag an?

Tagessummenwerte Niederschlag für 8 Stationen im Bereich des Albis-Radars und die Periode 20.6.-3.7.2012

Seit der Aufschaltung des neuen Albis-Radars am 19.6.2012 durch die MeteoSchweiz wurde mehrfach gerügt, dass die Radaranzeige den gefallenen Niederschlag unterschätzt. Nach zwei Wochen Radarbetrieb bei häufigen, zum Teil auch gewittrigen Niederschlägen mit Hagel sind wir in der Lage, eine erste Bilanz zu ziehen. Wir haben hierzu einen Vergleich der Radarwerte mit den Werten an Bodenstationen der MeteoSchweiz durchgeführt. Die Resultate bestätigen den Trend zur Unterschätzung des Niederschlages durch die Anzeige des Albis-Radars, und zwar im Mittel um etwa 50 Prozent. Um diese Aussage zu untermauern, fällt dieser Blogartikel etwas länger aus als sonst üblich. Wir möchten zusätzlich zu den Resultaten unserer Analyse auch einige Probleme aufzeigen, mit welchen wir uns als Kunde eines Monopol-Anbieters von Radarprodukten herumschlagen müssen.

Die MeteoSchweiz liefert uns Radarbilder im sog. gif-Format. Das heisst, dass die Radar-Intensitäten als Binärwerte auf einer Skala von 0-255 verfügbar sind, dies mit einer Pixelauflösung 1×1 km. Zusätzlich hat uns die MeteoSchweiz eine Tabelle geliefert, mit welcher jeder Binärwert in einen Wert der Niederschlagsintensität (mm/Stunde) konvertiert werden kann.

Bei der Auswahl der Bodenstationen für unsere Vergleiche haben wir uns mit Absicht eingeschränkt. Wir haben nur Bodenstationen in der Nähe eines Radarstandortes ausgewählt, welche vom Radar gut sichtbar sind (ohne Berge dazwischen), und welche in grosser Distanz zu den anderen beiden Radars liegen. So können wir sicher sein, dass jeweils nur ein Radar den Niederschlag über einer Bodenstation erfasst. Auf diese Weise können wir auch für jede der drei Radarstationen (Albis, La Dôle und Monte Lema) eine getrennte Analyse durchführen. Dadurch fallen alle Stationen im Bereich um Bern (Mitte zwischen Albis und La Dôle) und im Hochgebirge weg. Für den Radar Albis bleiben 8 Regenstationen übrig, bei La Dole sind es 5 und beim Monte Lema 4 Bodenstationen.

Wir haben für die Periode 20.6. – 3.7.2012 die Tagessummen des Niederschlages (Boden und Radar) berechnet, für alle Tage zusammengezählt und am Schluss durch einfache Division berechnet, wieviel Prozent des Bodenniederschlages durch die 3 Radars angezeigt wurde. Genau ein extremer Tagessummenwert einer Station wurde eliminiert, da der Wert durch Hagel massiv verfälscht wurde. Anbei die Resultate:

– Der Albis-Radar sieht 51% des Bodenniederschlages
– Der Radar La Dôle sieht 85% des Bodenniederschlages
– Der Radar Monte Lema sieht 134% des Bodenniederschlages

Zusätzlich haben wir die Korrelationen der Tagessummenwerte zwischen Boden und Radar für die drei Radarstationen getrennt berechnet. Diese liegen zwischen 0.8 und 0.94. Das sind für Radar-Boden Vergleiche des Niederschlages sehr gute Werte. Die hohen Korrelationen weisen darauf hin, dass die Faktor-Unterschiede zwischen den 3 Radars systematisch sind und nicht mehr nur durch Zufallseffekte erklärt werden können. Zur wissenschaftlich korrekten Untermauerung dieser Aussage wäre allerdings ein „harter“ statistischer Test nötig.

Die beigefügte Grafik zeigt die Tagessummenwerte des Niederschlages im Bereich des Albis-Radars. Perfekte Vergleichswerte wären im Bereich der roten 1:1 Linie zu erwarten. Die meisten Messpunkte liegen unterhalb der roten Linie. Das belegt zusätzlich, dass die gefundene Unterschätzung des Niederschlages durch den Albis-Radar nicht einfach durch 1 oder 2 Ausreisserwerte erklärt werden kann.

Zum Schluss ein Kommentar zu den von der der MeteoSchweiz gelieferten Radarbildern. Diese Bilder sind das Resultat einer hochkomplexen Verarbeitung der Radarmessdaten, welche für den Anwender als riesengrosse „Black Box“ daherkommt. Die MeteoSchweiz hütet diese Black Box wie einen Goldschatz. Kein Mensch ausser den Spezialisten der MeteoSchweiz hat eine Chance, die vielen Schrauben nachzudrehen, die an der Herstellung des Produktes beteiligt sind. Der Kunde ist dem Anspruch der MeteoSchweiz ausgeliefert, den Niederschlag in der Schweiz mit Radar bestmöglich zu erfassen, Sommer und Winter, im Flachland und im Gebirge, bei Regen, Schneefall und Hagel. Dieser Anspruch in Ehren, aber was macht der Kunde, wenn er einen Faktorfehler von 100% feststellt, oder wenn die Hagelschläge vom 1. Juli frühmorgens einfach nicht zur mickrigen Radarfarbe passen, die ein mässig bis starkes Gewitterregeli vorgauckelt?

Als Kunde hätte ich einen kitzekleinen Wunsch, wenn (vielleicht) in 1-2 Jahren die MeteoSchweiz-Daten gratis bezogen werden können: die Rohdaten der Radarreflektivität, Dopplergeschwindigkeit und Polarisation (nicht die modifizierte Regenintensität), Volumendaten, 1 km Auflösung gratis zu beziehen. Dann kann ich nämlich die Korrekturen selbst machen und zwar so, dass sie für meine Kunden passen. Jetzt sind die Rohaten für Privatkunden unbezahlbar. Wieweit sind eigentlich Schweizer Universitäten an der Radarforschung beteiligt? Im Ernst: mehr Offenheit und Konkurrenz im Bereich der Radarforschung und der „Black Box“ würde auch der MeteoSchweiz guttun.

Es schneit, aber das Radarbild ist leer. Warum?

Aktuelles Radar-Zoombild mit lokalen Schneefall-Echos. Quelle: meteoradar/MeteoSchweiz

Bei tiefen Temperaturen zeigt das Wetterradarbild bei Schneefall oft zu wenig oder gar nichts an. Dies hat verschiedene Gründe. Ich möchte in diesem Blog die möglichen Gründe zusammenfassen. Im Einzelfall dürfte es schwierig sein, herauszufinden, welcher Grund oder welche Gründe nun genau zutreffen.

1. Aus physikalischen Gründen erkennt der Radar „nasse“ Partikel (Regentropfen, angefeuchtete Schneeflocken oder Graupel) besser als „trockene“ Partikel (z.B. Schneeflocken bei Minustemperaturen.

2. Schneeflocken bei mehreren Minusgraden sind klein und werden aus diesem Grund ebenfalls schlecht erfasst. Erst nahe Null Grad oder knapp darüber werden die Schneeflocken in der Regel grösser (durch Kollision und Zusammenhaften von mehreren kleinen Schneeflocken) und geben dann ein stärkeres Radarsignal.

3. Schneewolken bei tiefen Temperaturen sind oft sehr niedrig über dem Boden (Hochnebel). Der Radar kann in der Regel erst einige 100 m über Boden oder auch erst 1-2 km über Boden den Niederschlag von den Bodenechos trennen.

4. Der Albis-Radar ist ein altes Gerät und wird erst im Frühjahr erneuert. Es wird sich weisen, ob das neue Gerät dann im nächsten Winter den Schneefall bei tiefen Temperaturen besser erfassen kann.

ANAPROP (anomalous propagation)

Winterradarbild mit Störechos

Winterradarbild mit Störechos Quelle: meteoradar

Zur Zeit sind im Winterradarbild immer wieder Radarechos im westlichen Jura zu beobachten. Das zugehörige Temperaturprofil zeigt eine gut ausgeprägte Temperaturinversion auf knapp über 1’000 m Höhe. Das Rohbild der MeteoSchweiz zeigt auf, dass der Albis-Radar die Echos im Jura registriert (der Radar La Dole ist heute in Wartung).  Es besteht kaum ein Zweifel, dass der Radarstrahl in dieser Inversionsschicht so gekrümmt wird, dass das Signal schliesslich auf die Jurahöhen auftrifft.

Eine einfache schematische Skizze soll dies illustrieren, siehe am Ende dieses Beitrages. Es handelt sich nicht um eine Spiegelung, wie man sich das vorstellt, wenn ein schräg aufsteigender Strahl auf eine Inversionsschicht trifft. Vorbedingung für die Krümmung ist ein flacher Strahl, welcher praktisch parallel zur Inversionsschicht in diese hineinstösst. Dann kann es zur Krümmung kommen, welche dann etwa der Krümmung der Erdoberfläche entspricht. Wichtig ist also die Höhe der Inversionsschicht. Diese sollte sich etwa auf der Höhe der Radarstation oder nur wenig darüber befinden. Eine Inversion auf 2’000 m Höhe wird das Radarbild des Albis Radars kaum gross stören, da die Radarstation auf knapp unter 1’000 m liegt. Die Inversion sollte also, wie im vorliegenden Fall, auf etwa 1’000 m Höhe oder allenfalls knapp darüber liegen. Wenn die Inversion höher liegt, so gegen 2’000 m Höhe, dann sind bei den Radarstationen La Dole und Monte Lema Störechos zu erwarten. Diese beiden Stationen liegen höher als der Albis Radar, nämlich auf etwa 1’600 m Höhe.

Selbstverständlich versucht man, mit geeigneten Filtertechniken die Störechos durch ANAPROP zu eliminieren. Das ist nicht so einfach, weil die Störungen oft in grosser Distanz zur Radarstation (> 100 km) auftreten. In diesen Distanzen sind die Echos kleinräumigen Schauerechos durchaus ähnlich, so dass eine Filterung auch die Erfassung von Niederschlag beeinträchtigen kann.

Referenzen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Anomalous_propagation
http://radar-info.fzk.de/Html/Anaprop.html

Vertikalprofil Temperatur Jura, Quelle: meteoradar

 

Rohbild Radar Albis, Quelle: MeteoSchweiz

 

Illustration der "anomalous propagation"

Artefakt Albis Radar am 11.11.11

Störungsbild vom 11.11.2011, 02:45 Uhr (Quelle: meteoradar)

Störungsbild vom 11.11.2011, 02:45 Uhr (Quelle: meteoradar/MeteoSchweiz)

Pünktlich zur aktuellen Datum-Schnapszahl lief der Albis Radar Amok. Von frühmorgens halb drei bis kurz vor 7 Uhr wurden Bilder wie im Beispiel angezeigt. Das Radarecho erreichte lokal die Stärke eines Hagelwetters. Dementsprechend sind auch abgeleitete Produkte und Dienste wie Regensummenkarten, Hagelkarten oder automatische Warnsysteme betroffen.

Wie konnte ein solcher Artefakt auftreten? Der Fehler ist mit Sicherheit in einer defekten Hardware-Komponente des Radars zu suchen. Als Folge davon verlor der Radar seine Fähigkeit, „echte“ atmosphärische Signale vom sog. Hintergrundrauschen zu trennen. Man kann dies vielleicht mit einem HIFI-Radiogerät vergleichen, welches aufgrund eines Defektes zu einem rauschenden und knackenden Kurzwellenradio mutiert. Zum Glück sind solche Defekte selten. Mit zunehmenden Alter eines Radargerätes kann natürlich das Risiko für solche Defekte ansteigen. Die MeteoSchweiz wird den in die Jahre gekommenen Albis Radar im nächsten Frühjahr durch ein neues Gerät ersetzen.

Im aktuellen Fall dürften nur die wenigsten User den Artefakt mitbekommen haben. Nebst der Tageszeit hat dazu auch das aktuell wenig spannende Radar-Wetter beigetragen. Es ist trotzdem gut zu wissen, dass Defekte in der Hardware eines Radars durchaus zu fehlerhaften Signalen mit entspr. Auswirkungen auf radarabhängige Produkte führen können.